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Pacificare - Episode 15: Untergangsstimmung (Teil 2) (FINALE KAPITEL 1)


"Pacificare - Kapitel 1 - Episode 15: Untergangsstimmung (Teil 2)"

Serafina musste hier irgendwie raus kommen und nachschauen, was dort oben los war. Vielleicht konnte sie noch etwas retten, von dem was noch übrig geblieben war. Man hörte nämlich wenige Minuten später weder Dorfbewohner noch Soldaten. Von hier unten aus konnte Serafina nur vermuten, was geschehen war. Die Gauten waren über die Stadt hergefallen und hatten sie zerstört. Wenigstens war ihr jetzt bewusst, was die Initialien "G" und "A" bedeuteten und dass dieses Heer einen Anführer haben musste. Im Grunde genommen war es auch ihre Schuld, dass einer der Gauten durch die Westmauer eindringen konnte, da sie diesen Geheimgang selbst so hergerichtet hatte, um von Xenos nach Tinnos zu wandern, wie sie es wollte. Es war immer noch eisig kalt. Hoffentlich waren ihre Töchter in Tinnos in Sicherheit. Dort war sowieso ohne König ein kleines Chaos ausgebrochen. Einen Angriff von außerhalb vermutete dort wahrscheinlich niemand, da man viel zu beschäftigt war mit den inneren Problemen der Stadt. Ob diese neue Königin dieser Aufgabe gewachsen war? Ob sie wusste, auf was sie sich da eingelassen hatte? Ob sie einen Krieg verhindern konnte? Denn mittlerweile ging Serafina nicht mehr davon aus, dass es Gabriella war, die sie verraten hatte, denn das traute sie ihrer besten Freundin nicht zu. Sie hatten andere Ansichten, aber sie liebten einander wie die besten Freunde. Ihre Verbundenheit und was sie alles zusammen erlebt hatten, war stärker, als eine ungleiche Überzeugung von Frieden und Krieg. Es musste jemand anderes sein, der sie verraten hatte. Nur wer? Der kranke, alte Mann in der Zelle nebenan hatte nicht mehr gesprochen und mittlerweile nahm Serafina auch an, dass er tot war. Er war nur spärlich bekleidet und es war eisig kalt hier unten. Er sah auch nicht so aus, als hätte er genügend zu essen bekommen. Grausam war so etwas. Sie sah ihn noch eine Weile einfach nur an und wendete ihren Blick dann zu etwas anderem.

Es gab immer einen Ausweg oder eine Fluchtmöglichkeit. Diese Verliese waren meist durch Wachen beschützt, denn sonst musste man fürchten, dass die Gefangenen abhauen. Das hatte sie oft gehört und das musste ja auch an irgendetwas liegen. Vermutlich waren die Verliese nicht stabil oder ausreichend gesichert. Es musste auf jeden Fall einen Schwachpunkt geben. Was könnte der Schwachpunkt in solch einem Verlies wohl sein? Die Tür, das Gitter, der Boden, die Wand. Doch es schien die Tür zu sein, wie Serafina kurz darauf herausfand. Alles, was man brauchte, um hier herauszumarschieren war ein etwas längerer Gegenstand. Den steckte man in diese Vorrichtung an der Tür und öffnete sie so relativ schnell. Doch natürlich lag hier nichts dergleichen herum. Es war also doch nicht ganz so einfach. Vermutlich hatten es aber viele bereits versucht. Ob es ihr gelingen würde, wenn sie fest mit ihrem rechten Bein dagegen trat? Sie hatte enorme Kraft für eine Frau, auch wenn sie jetzt etwas geschwächt war. Versuchen konnte sie es. Doch der erste Tritt tat ziemlich weh und brachte ihr nichts. Die Tür sprang nicht wie erwartet auf. Was konnte sie noch versuchen? Ein zweiter Tritt brachte sie auch nicht weiter. Sie würde hier noch verhungern wie dieser Mann. Vielleicht waren oben in Xenos alle tot? Warum kam Gabriella nicht zu ihr? Auch wenn sie nicht die Verräterin war, wusste sie doch sicherlich, dass man Serafina festgenommen hatte. Warum kam sie nicht zu ihr? Es vergingen noch weitere Stunden, bis endlich etwas geschah. Jemand war oben an der Tür zu den Verliesen und fragte, ob da unten noch jemand sei. Sofort rief Serafina um Hilfe und wunderte sich, dass dieser Jemand nur sehr langsam nach unten kam. Als sie ihn sah, erschrak sie zu Tode. Er hatte viele, schwere Verletzungen. Sein rechtes Bein war zerfetzt. Überall klebte Blut an ihm. Ein Auge war geschlossen und ihm fehlte ein Ohr und seine Haare. Er schlurfte wie ein Ungeheuer über den Boden und kam dabei nur langsam voran. Er bekam kaum noch ein Wort heraus, aber er schaffte es immerhin noch zum Verlies, um die Tür zu öffnen, bevor er auf dem Boden zusammen brach. Xenos sei zerstört sagte er. Viele Bauern haben ihr Leben verloren. Wer überlebt hat, hält sich in Tinnos auf. Dort sei es zu Unruhen gekommen, aber die Stadt sei verschont geblieben. Die Gauten hätten einen Spion. Dieser Spion sei vermutlich noch unter ihnen. Dann verstarb auch dieser Mann, fast genau neben dem alten Mann in seinem Verlies. Serafina schaute nach oben. Sollte sie dort hinaus gehen und sich anschauen, was mit Xenos geschehen war? Ob sie dieses Bild jemals wieder vergessen konnte? Sie nahm eine Stufe nach der anderen und rechnete wirklich mit allem. Der Anblick, der sich ihr dann aber bot, war schlimmer, als sie es je erwartet hätte.

Xenos brannte. Es brannte einfach überall. Kaum eine Hütte der Bauern stand noch aufrecht da. Der Marktplatz war quasi vollkommen ausgelöscht. Es gab keine Stände mehr und sogar die Lagerstätten mit dem Korn von den Feldern war verbrannt. Die gesamte Ernte für den Winter war zerstört. Wie sollten sie jetzt den Winter 1213 überstehen? Es gab hier nichts mehr. Die Stadt Xenos bestand nur noch aus einigermaßen stabilen Mauern aus Stein und jeder Menge Schutt und Asche. Die kleineren Feuer konnten sich in der Kälte nicht lange halten, aber es brannte fast an jeder Ecke. Und dann sah Serafina die ganzen Menschen, die auf dem Boden lagen. Dort lagen Menschen, die sie kannte. Freunde von ihr. Wenn sie hier oben gewesen wäre, hätte sie deren Leben vielleicht retten können. Wäre sie hier oben gewesen, hätte sie gewusst, wie ziemlich viele dieser Menschen Schutz gefunden hätten und nicht ums Leben hätten kommen müssen, aber irgendjemand hatte es ja für richtig gehalten, sie zu verraten und in ein Verlies zu stecken. Von dort unten aus konnte sie niemandem helfen, sondern nur die Schreie hören. Die Schreie von ihren Freunden, wie sie erstochen wurden oder verbrannten. Bei lebendigem Leib. Wer hatte dies zugelassen? Und wer kam auf die Idee, zusätzlich zu den Bewohnern von Tinnos auch noch die Überlebenden von Xenos aufzunehmen? Die Stadt musste aus allen Nähten platzen und der Vorrat würde höchstens einige Tage für so viele Menschen reichen. Jetzt wo die Ernte von Xenos komplett verbrannt war, gab es einfach nicht mehr genug Essen für alle. Niemand würde am Ende diesen harten Winter überstehen. Wir werden verhungern. Am Ende werden nur die Könige und Vasallen überleben, weil alle Notvorräte an sie gehen. Xenos musste wieder aufgebaut werden. Man musste etwas tun. Serafina stand unter Schock. Und dann hörte sie eine ihr bekannte Stimme. Es war eine Frau. Sie stand wohl fast direkt hinter ihr. Wie ein Blitz durchfuhr es sie. Diese Stimme. Dieser Ton, diese Tonlage. Gabriella? Langsam drehte sie sich um und schaute tatsächlich in die Augen von Gabriella. Erst schauten sie sich nur an, dann entschuldigte sich Gabriella für etwas, was Serafina in diesem Moment erst klar wurde. Gabriella trug nicht ihre alltäglichen Klamotten und Lumpen. Sie trug ein Gewand. Sie....war....Königin.

Das konnte doch nicht wahr sein. Sie konnte doch keine Königin geworden sein, es sei denn.....Und kurz darauf entschuldigte sich Gabriella erneut bei ihr. Dafür, dass sie sie verraten hatte und ins Verlies sperren ließ, obwohl ihr das das Leben gerettet hatte. Sie entschuldigte sich dafür, dass sie jetzt in ihrer Position nicht mehr zulassen kann, eine Mörderin frei umherlaufen zu lassen. Sie wisse nun, wer den König von Tinnos ermordet habe und da sie gegen jede Form von Gewalt sei, bliebe ihr auf jeden Fall der Galgen unter ihrer Herrschaft erspart. Gabriella sprach in einem Ton mit Serafina, der ihr völlig fremd war. Sie sprach gehoben, gekünstelt und nicht wie sie selbst. Position? Welche Position? Sie war eine arme Bäuerin, mehr war sie nie gewesen. Der Schock saß so tief, dass sie nicht einmal sprechen konnte. Sie hörte nur zu. Gabriella hatte sie verraten und einsperren lassen. Ihr bleibt wegen ihr der Galgen erspart, wie gnädig. Die neue Königin des Friedens erlaubte ihr zu leben. Wie nett. Wie erbärmlich und wie falsch. Als Serafina einen Schritt auf sie zu tat, kamen sofort zwei Wachen hinzu und rieten ihr davon ab, noch einen weiteren Schritt zu gehen. Sie hielt inne und sagte nichts. Gabriella wirkte verändert. Sie war nicht mehr ihre Freundin. Wie wollte sie dieses Chaos beseitigen, Xenos wieder aufbauen, dafür sorgen, dass alle diesen Winter überlebten? Wollte sie Mörder einsperren, statt zu hängen? Und wie wollte sie herausfinden, wer der Spion in ihren eigenen Reihen war? Dafür war sie doch gar nicht gemacht. Sie war es doch gewesen, die von ihrem Vasall Kalamar geschlagen und erniedrigt worden war. Und so jemand sollte jetzt eine Stadt regieren? Serafina verstand die Welt nicht mehr. Wo war Eric? Wo waren ihre Töchter? Was...Die Wachen ließen ihr allerdings nicht mehr viel Zeit, darüber nachzudenken. Sie hielten ihre Arme fest und wollten sie wieder in ein Verlies in Tinnos bringen. Was sie in diesem Moment gerne getan oder gesagt hätte, konnte Serafina natürlich weder tun noch vor einer Königin aussprechen, aber sie wollte Gabriella trotzdem klarmachen, was sie von ihr hielt. Und im selben Moment spuckte sie ihr ins Gesicht. Erschrocken wisch sie einen Schritt zurück und schien kurz nicht zu wissen, was sie sagen oder tun sollte. Daraufhin führte man Serafina ab.

ENDE VON KAPITEL 1! KAPITEL 2 BEFINDET SICH DERZEIT IN ARBEIT! MEHR INFOS DAZU AUF MEINEM TWITTER-ACCOUNT: https://twitter.com/OnlineMusicMarc
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Geschrieben von SeralgoRefenoir [Profil] am 09.09.2018

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Tags (Schlagwörter):

Gauten, 1212, Gabriella, Serafina, Mittelalter

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