Lyrik
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Die Vögel Zwitschern Doch
Es roch unverdächtig gut in der Wohnung. Die Wohnung lag nahe dem Zentrum der Stadt. Sie war Türkin. Jeden Tag hat sie die Wohnung gelüftet, wenn sie von der Arbeit kam.Sie stank sehr nach Qualm. Es war ja niemand da, der lüften konnte. Er war ja nicht da, wenn sie von der Arbeit kam. Dennoch liebte sie ihn sehr. Auch wenn er jetzt keine Zeit mehr hatte. Dann ging sie in die Küche und erledigte alles. In der Küche lag noch eine alte Zeitung. Wenn sie dann später alles erledigt hatte, sah sie meistens fern. Sie hätte sich lieber unterhalten. Sie hatte ja viel zu erzählen von der Arbeit und von den ganzen Kollegen. Ab und zu kam nachmittags ihre Mutter vorbei, die konnte ihr dann zuhören. Aber meistens wollte sie gar nicht, dass sie zuhört. Sie wollte sich lieber mit ihm unterhalten, aber er war ja nicht da. Sie ging nach der Arbeit auch oft mit Freunden weg. Sie waren gerne weggegangen. Wenn sie dann nachts erschöpft nach Hause kam, lüftete sie meist noch einmal die Wohnung. Das war ihr Tick. Sie dachte immer die Wohnung stinkt. Nach Qualm. Deshalb lüftete sie oft. Er hat sehr viel geraucht. Am nächsten Morgen wurde sie durch ein Klopfen geweckt. Es war wieder ihre Mutter. Es war Samstag. Sie hatte frei. Sie sehe sehr fertig aus, sagte ihre Mutter. Sie erzählte ihr, dass sie feiern waren. Das mochte sie nicht. "Du weißt, dass dein Vater es nicht gern hat, wenn du so oft weggehst." "Ich weiß - das mag er nicht." "Geh nicht so oft weg, du siehst dann nächsten Morgen immer aus, als hättest du geweint. Mit deinen dicken Augen." Sie nickte und beide gingen ins Wohnzimmer um die Nachrichten zu sehen. Meist kommen nur schlechte Nachrichten. "Die wollen die Leute nur verrückt machen!", sagte die Mutter. Über dem Fernseher hing noch ein Kinderbild mit ihrem Vater. In der Küche war noch die alte Zeitung. Das Fenster war einen Spalt geöffnet und man hörte die Vögel um diese Jahreszeit immer singen. "Dein Vater wird nächste Woche zurück sein. Du musst ihn mit abholen. Er wird sonst böse sein." Sie nickte. Im Fernsehen liefen noch Nachrichten. Man berichtete über einen Unfall auf der Autobahn mit Toten. Ein Mann aus Berlin hätte im Lotto gewonnen. Ein Häftling würde seine lebenslange Freiheitsstrafe nächste Woche abgesessen haben. Ein Türke hatte einen Deutschen umgebracht, weil dieser seine Tochter heiratete. Er wusste nichts davon. Das gehe nicht, sagte er. Die Ehre. In der Küche lag eine Zeitung. Sie war schon sehr alt. "Vergiss nicht nächste Woche!", sagte die Mutter. Sie lüftete das Zimmer.
Geschrieben von BlacknFish [Profil] am 24.06.2013 |
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Witwe, tod, Kurzgeschichten, Kurzgeschichte, Geschichten, Geschichte, Liebe, Nachts, Schlafen, Die, Ratten, doch, Wolfgang, Borchert, Vögel, SchuleBewertungen
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Kommentare und Punkte zu diesem Gedicht
shalimee | 25.06.2013, 01:52:21 | ||
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BlacknFish | 25.06.2013, 08:54:55 | ||
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HB Panther | 25.06.2013, 19:11:27 | ||
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