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Pacificare: Kapitel 2 - Episode 1: Zwei neue Welten

"Pacificare" - Kapitel 2 - Episode 1: Zwei neue Welten

Das Jahr 1213 begann mit einem überraschenden Wetterwechsel. Der Schnee, der immerzu die Felder und Stadtmauern von Neuem bedeckt hatte, blieb aus. Die Sonne kam mehrere Stunden am Tag hervor und die Temperaturen stiegen für einen Januar ungewöhnlich an. Noch nie zuvor war die Lage in Xenos und Tinnos so angespannt gewesen wie zum jetzigen Zeitpunkt. Xenos war von den Gauten überrannt worden und lag in Schutt und Asche. Die Feuer waren zwar längst gelöscht und die Leichen größtenteils verbrannt, aber von der Stadt Xenos war trotzdem nichts mehr übrig. Die Stadtmauern sollten zeigen, was sich darin einst befand, aber mehr gab es dort auch nicht mehr zu sehen. Die Burg des Königs war erhalten geblieben, die Mauern weitgehend repariert. Das Schlupfloch in der Westmauer war ebenfalls entdeckt und geschlossen worden. Niemand konnte Xenos mehr betreten, ohne vorher gesehen worden zu sein. Anweisung von der neuen Königin in Tinnos, Gabriella. Ihre einst beste Freundin hatte sie verraten, hintergangen und eingesperrt. Einige Stunden hatte sie in Xenos verbracht und nun lag sie in einem Verlies in Tinnos fest. Gabriella hatte sie nicht einmal mehr besucht oder mit ihr gesprochen. Hängen sollte man Serafina laut dem, was sie gehört hatte nicht. Immerhin wurde ihr diese Tortur erspart. Wer einmal im Verlies saß, der kam dort auch nicht mehr raus. Und wenn man nicht verhungerte, wurde man irgendwann doch gehängt. Die letzten Tage im Dezember waren so schnell vorbei gegangen. Xenos war von den Gauten überrannt worden und viele Bauern verloren dadurch ihr Leben. Die Überlebenden hatten sich nach Tinnos geflüchtet, wo sie nun eng auf eng lebten und teilweise keine eigene Unterkunft hatten. Es gab nicht genug Essen oder Wasser. Die Hygienesituation war eine völlige Katastrophe und niemand durfte die Stadt zurzeit verlassen oder betreten. Wer es nicht rüber geschafft hatte, musste nun schlichtweg erfrieren oder weiterziehen. In der Burg des Königs in Xenos versammelten sich zurzeit alle Vasalle mit ihm und der neuen Königin von Tinnos. Dort beratschlagten sie, was zutun war. Xenos sollte wieder aufgebaut werden, aber dies werde viel Zeit brauchen. Manche der Bauern in Tinnos wurden bereits damit beauftragt, gewisse Bereiche in Xenos wieder Tag für Tag aufzubauen. Schon bald sollte es wieder kleinere Hütten und Häuser geben. Die Situation in Tinnos war schlichtweg katastrophal, denn es gab nicht genug Platz für alle oder Arbeit, die sie verrichten konnten. Man musste die Menschenmengen auseinander ziehen oder es käme schon bald zu einem Aufstand. Auch den Spion, der sich vermutlich noch immer in den eigenen Reihen befand, wollte man finden und aus Tinnos verbannen. Nur wer war es? Und dann war da noch die ständige Bedrohung von außen. Die Gauten hatten Tinnos verschont und waren wieder abgezogen, aber für wie lange? Würden sie bald zurückkommen und auch Tinnos erobern wollen?

Und so entstanden nach und nach zwei verschiedene Welten. Tinnos platzte aus allen Nähten und war von Hunger, Durst und Krankheiten geplagt, während in Xenos alles wieder von neu aufgebaut wurde. Die Arbeiten gingen gar nicht mal so schleppend voran, denn es gab genug Bauern, die gar keine andere Wahl hatten, als das zutun, war ihre Vasalle ihnen befahlen. Und so nahm man die Arbeit wieder auf und half gemeinsam ein neues Xenos entstehen zu lassen. Gabriella war bisher noch nicht vor die Bürger getreten, bekam allerdings jetzt Hilfen an die Seite gestellt, die ihr sagten, was sie tun kann oder eben nicht. Man wies sie in alles ein und sie lernte schnell. Doch bisher war es ihr auch nicht gelungen, mehr Rechte für die Bauern heraus zu holen. Bauern blieben weiterhin die unterste Stufe der Bevölkerung und lebten auch weiterhin wie Sklaven von ihren Vasallen. Es gab soviel zutun und zu bewältigen, dass dies erneut bald zweitrangig schien. Serafina bekam von all dem nicht viel mit, aber sie bekam immerhin ab und an Besuch von Eric. Er war kurz vom Obervasall zum Untervasall beordert worden, um Kalamar zu ersetzen, der zuvor in Xenos als Untervasall arbeitete und dann starb. Nun arbeitete er allerdings wieder als Obervasall und bekam so alle Informationen direkt von der Quelle. Serafina erfuhr, was ihre ehemalige Freundin alles plante und umsetzte. Viel war es bisher nicht. Die Stadt Xenos wieder aufzubauen, machte Sinn, aber es wurde immer noch nicht entschieden, was mit ihr geschehen sollte. Immerhin hatte sie einen König getötet, den König von Tinnos. Warum sie dies getan hatte, wusste niemand. Außer Eric. Dieser versprach Serafina immer wieder, sie hier rauszuholen. Am besten würde es in der Nacht funktionieren, doch Serafina wollte gar nicht weg aus Tinnos. Sie hoffte inständig, irgendwann wieder ihre alte Funktion auf dem Feld aufnehmen zu dürfen. Sie konnte leichte und schwere Arbeiten übernehmen und hatte ein Talent darin, andere Menschen zu motivieren. Serafina kannte man in Xenos sowie in Tinnos. Sie war anders, aber beliebt. Ihr Tod hätte sicherlich für Unruhen gesorgt, weshalb sie auch noch lebte. Gabriella wollte nirgends anecken zurzeit, was ihr aber nicht bei Serafina gelang. Sie hasste Gabriella für das, was sie mit ihr getan hatte. Eric versuchte Serafina oft zu beruhigen und zu vermitteln, aber es gelang ihm nicht. Er sah in Gabriella viel Potenzial für etwas Neues. Sie konnte vielleicht irgendwann etwas mehr für die Bauern rausholen. Vielleicht schaffte sie es irgendwann den Bauern Rechte zu geben und etwas positiv zu verändern. Doch Serafina glaubte nicht daran.

Sie fragte sich auch, ob Gabriella noch immer Teil dieser seltsamen Sekte war, von der sie immer so sehr überzeugt war. Dafür hatte sie jetzt ja gar keine Zeit mehr. Sie wartete auf den Tag, an dem sie Gabriella noch einmal in die Augen schauen konnte. Und es würde das letzte Mal sein. Eric erzählte ihr immer wieder von Hera und Linda. Hera war Serafina's Tochter und Linda die Tochter von Gabriella. Beide hatten ihre Töchter lange nicht gesehen, nachdem sie in einer Nacht und Nebelaktion der Liebe wegen aus Xenos abgehauen waren und nach Tinnos gingen. Seitdem hielt man sie dort versteckt und das war immer noch so. Niemand wusste es von ihnen, außer die Königin, die darüber schwieg. Bisher hatte Gabriella aber auch noch keine Gelegenheit gehabt, ihre Tochter Linda zu sehen. Die Angst, dabei ihr Versteck zu verraten, war zu groß. Auch Hera fragte immer wieder nach ihrer Mutter, doch es war zu gefährlich sie hier runter ins Verlies mitzunehmen, auch wenn es Eric kaum mehr gelang, sie davon abzuhalten. Ganz die Mutter. Stur und kämpferisch. Auch zwischen den Töchtern war eine Freundschaft entstanden, die sie mittlerweile verband. Doch davon wollte Serafina nicht viel wissen, da ihre Freundschaft mit Gabriella zu Ende war. Da gab es keine Wort mehr zu wechseln, das stand fest. Eric und Hera gaben ein tolles Paar ab. Serafina war froh, dass ihre Tochter einen so tollen Mann gefunden hatte. Dafür hatte es sich gelohnt, zu fliehen. Auch Linda hatte einen Obervasall, der für sie sorgte und wegen dem sie geflohen war. Auch bei Hector und Linda war es Liebe auf den ersten Blick gewesen. Sie waren wohl ein ebenso schönes Paar wie ihre Tochter und Eric. Es schien also auch Obervasalle zu geben, die gut waren und die Bauern nicht als Abfall oder Sklaven behandelten. Mit Gabriella an der obersten Position und einigen Obervasallen gleicher Meinung, konnte man vielleicht doch irgendwann etwas verändern. Wenn Gabriella dann noch lebte, denn sie war im Prinzip wehrlos gegen alles. Sie hatte nie ein Messer oder ein Schwert in der Hand gehabt. Sie konnte sich nicht wehren oder selbst verteidigen. Jeder, der sie alleine erwischte, konnte sie ganz leicht ermorden. Bis zuletzt hatte Serafina ihr immer zur Seite gestanden und auf sie aufgepasst, aber diese Zeiten waren nun ja bekanntlich vorbei.

Gabriella war jetzt auf sich selbst gestellt und schien in ihrer neuen Rolle als Königin vollends aufzugehen. Wie Serafina kurz darauf hörte, hätte man ihr sogar beigebracht, mit einem Kampfstab umzugehen. Sie übe derzeit noch, hätte darin aber Talent. Und das obwohl sie Gewalt immer verabscheute und niemandem jemals wehtun wollte? Doch angeblich lernte sie dies nur für den Notfall und übte es an einem Baum. Sie tat also niemandem wirklich weh. Doch irgendwie klang dies alles fast lächerlich. Ein Kampfstab war nur im Nahkampf effektiv, aber ein Messer konnte man werfen. Viele der Waffen, die Serafina heimlich bunkerte, waren zerstört worden. Viele davon waren ideal, um Gegner auf Distanz bereits zu erwischen. Davon hatte Gabriella doch keine Ahnung. Sie war doch keine Kriegerin oder Kämpferin. Doch wie Serafina bald einsehen musste, lernte Gabriella immer mehr dazu und kam bei der Bevölkerung gut an. Sie konnte die Gesetze für die Bauern etwas lockern, wenn auch noch nicht verändern. Die Arbeitsbedienungen waren besser geworden und der Aufbau von Xenos ging voran. Langsam verteilten sich die Bewohner von Xenos und Tinnos wieder auf ihre Städte und durch die höheren Temperaturen musste niemand mehr Angst haben, zu erfrieren. Der Januar verlief ungewöhnlich ruhig und alles wuchs und gedieh. Die beiden Städte erblühten schon bald wieder in ihrem alten Glanz. Wenn Xenos auch nie mehr so aussehen konnte wie vorher, da dies noch Monate dauern würde, so konnte man dort bereits bald wieder leben und arbeiten. Die 2 Untervasallen und 3 Obervasallen einer jeden Stadt wurde durch weitere Helfer unterstützt. Sie waren sogenannte Vorarbeiter für die Bauern. Sie sollten auch irgendwann für die Belange der Bauern da sein, um sie an die Untervasallen weiterzugeben. Die Situation entspannte sich und es trat so etwas wie Frieden ein. Sollte es Gabriella etwa schaffen, alle Probleme mit Zeit und Rat zu bewältigen? Wer hätte gedacht, dass sie ein solches Talent dafür hatte, einen Wiederaufbau so stark voranzutreiben. Und dann auch noch das.

Nur wenige Tage später wurde Serafina aus dem Verlies entlassen und sollte fortan wieder in Xenos arbeiten. Dort bekam sie auch eine Hütte, in der sie unterkam für die Nacht. Ein Vorarbeiter bewachte sie bei der Arbeit und half ihr, wenn es notwendig war. Sie durfte leben. Gabriella hatte sie am leben gelassen, obwohl sie wusste, dass Serafina den König von Tinnos getötet hatte. Hatte sie ein schlechtes Gewissen? Woran lag es, dass sie Serafina nicht aus dem Weg schaffte und immer noch um sich herum haben wollte. So sicher wie sie nämlich tat, war sie nicht. Sie hoffte wohl immer noch, dass Serafina ihr irgendwann in der Not zur Seite stehen würde, aber das wird unter keinen Umständen geschehen. Der Verrat ihrer besten Freundin hatte die Freundschaft am Ende zerstört, auch wenn sie sich für die Bauern einsetzte und Xenos aufbaute. Alle guten Dingen, die sie tat, basierten auf einer Lüge und dem Verrat ihrer besten Freundin. Nur so konnte sie Königin werden. Und nur darauf beruht die Tatsache, dass sie jetzt tun kann, was sie tun. Während Serafina weiter dort für die Bauern kämpft, wo sie die Probleme am eigenen Leib erlebt.

Fortsetzung Folgt in Kürze!

Euer Seralgo Refenoir

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Geschrieben von SeralgoRefenoir [Profil] am 10.01.2019

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Tags (Schlagwörter):

1213, Mittelalter, Gabriella, Serafina, Xenos, Tinnos, Eric, Krieg

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