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Pacificare - Episode 13: Ein Geheimnis wird gelüftet

"Pacificare - Kapitel 1 - Episode 13: Ein Geheimnis wird gelüftet

Gabriella schreckte mitten in der Nacht auf und versuchte sich vor ihrer Hütte an der frischen, kalten Dezemberluft zu beruhigen. Dies war eine von bereits vielen Nächten, in denen sie aus einem Alptraum erwachte und mitten in der Nacht umher wanderte. Es fühlte sich an, als werde sich sehr bald einiges ändern. Immer wieder stieg ein Angstgefühl in ihr auf, sie bekam Panik, lief umher und konnte sich kaum noch beruhigen. Obwohl es sicherlich kaum wärmer als 0 Grad war, spürte sie die Kälte nicht. Wenn etwas in ihr Kälte auslöste, dann der Tod von Helena und wie sie am Vorabend verbrannt worden war. Sie war immer ein Vorbild für sie gewesen und in ihr sah jeder die Möglichkeit, dass es vielleicht doch irgendwann friedlich in Xenos zuging. Doch in letzter Zeit war viel geschehen und davon war nur wenig positiv. Dass Kalamar getötet worden war, widersprach natürlich absolut ihrer Natur, auch wenn er sie oft geschlagen und gequält hatte. Es machte ihr Leben einfacher und mit Eric als seinem Ersatz, schien zumindest in dieser Hinsicht etwas Positives auf sie zuzukommen. Gabriella wachte nicht einfach nur so auf, sondern sie hörte seit Tagen Geräusche. Mittlerweile konnte sie diese Geräusche auch tagsüber hören, aber in der Nacht war es am schlimmsten. Es klang wie Männer, die marschierten. Sie gingen hintereinander und marschierten auf etwas zu. Dabei sangen sie in einer hart klingenden Sprache eine Melodie, die Angst und Schrecken in ihr verbreitete. Gabriella hatte das Gefühl, als stünden diese Männer vor den Toren von Xenos, so klar konnte sie dieses Geräusch erkennen. Und es machte ihr unendliche Angst, da sie in letzter Zeit viele Dinge vorausgesehen hatte und sie immer eintraten. Auch sie dachte an ihre Vision von der Freundschaft mit Serafina und dass sie in eine Situation kommen werden, in der sie sich entscheiden muss, ob sie leben will oder Serafina sehr weh tun muss. Ob dabei körperliche Schmerzen oder ein anderes Leid gemeint sind, wusste sie allerdings nicht.

Am kommenden Tag kam Eric gut gelaunt in Xenos an, stellte sich vor und legte Gabriella die Hand auf die Schulter. Es war sofort ein vertrautes Gefühl da, immerhin war Eric der Mann von Serafinas Tochter und in Tinnos wusste man von ihrer guten Freundschaft. Es tat ihr gut, nicht mehr so sehr in Angst zu leben, wie vorher unter Kalamar. Auch ihn hatte man am Vorabend verbrannt, auch wenn noch niemand wusste, wer ihn umgebracht hatte. Auch den Mörder vom König aus Tinnos kannte niemand. Dies beunruhigte Gabriella sehr, da sie sich schon lange nicht mehr sicher fühlte in Xenos. Immerhin hatte der König von Xenos aufgehört, wahllos Bauern zu ermorden, nur weil man den Täter des Königs noch nicht gefunden hatte. Eric verteilte die Arbeit fair und unterhielt sich auch mit Gabriella. Er sagte ihr, dass es ihrer Tochter in Tinnos sehr gut gehe und sie einen Weg gefunden haben, beide Töchter gut zu verstecken. Zurzeit war es etwas einfacher, da der König nicht mehr da war. Dort habe niemand eine Ahnung, dass sich die beiden Frauen heimlich in Tinnos befanden und niemand kannte den Mörder des Königs. Auch dort habe man versucht, den Mörder unter den Bauern herauszusuchen, aber es war ja gar nicht gesagt, dass es unbedingt ein Bauer gewesen sein muss. Aber auch in Tinnos hatte es Menschenopfer gegeben, denn niemand vertraute mehr dem anderen. Der Anreiz selbst König oder Königin zu werden war so groß, dass viele Bauern wichtige Tugenden vergaßen und sich gegenseitig bekriegten. Gabriella hatte keine Ahnung, dass es in Tinnos solche Ausmaße angenommen hatte, denn dies war mit Xenos nicht zu vergleichen. In Tinnos schlugen sich Bauern gegenseitig nieder, weil sie den anderen im Verdacht hatten, den König ermordet zu haben. Hütten wurden angezündet oder Menschen öffentlich beschuldigt und erstochen. Ohne König war Tinnos ins Chaos geraten, die Obervasallen schafften es kaum noch, Ruhe und Ordnung in die Stadt zu bringen. Sie brauchten dringend einen Ersatz für den König. Immer wieder schaute Eric sie dabei an, als ob er von ihr erwarte, diese Aufgabe zu übernehmen, aber Gabriella wusste leider nicht, wer den König von Tinnos ermordet hatte und konnte ohne das Wissen darüber nie zu einer Königin aufsteigen, auch wenn sie bereits darüber nachgedacht hatte, wie es wäre, für die Bauern zu kämpfen und die Machtverhältnisse neu zu ordnen.

Wieder diese Geräsuche im Ohr. Es klang nach einer ganzen Herde von Männern, die bewaffnet durch kaltes, hohes Gras marschierten. Entschlossen waren sie, sangen Lieder über Eroberung und Sieg. Schweißgebadet saß Gabriella in ihrem Bett. Es war Nacht und ihr war, als hätte sie einige Stunden des Tages verloren. Sie konnte nachts nur noch schwer einschlafen und immerzu musste sie an Helena denken. Dann diese wilden Geräusche, die immer lauter wurden. Es wirkte fast so, als käme etwas auf Xenos zu, von dem noch niemand etwas ahnte. Sollte sie es dem König von Xenos sagen? Sollte sie ihm sagen, dass sie Geräusche von Männern in der Schlacht hörte? Er würde sie sofort für eine Hexe oder sonst etwas halten und verbrennen lassen. Mit wem sollte sie darüber reden? Auch ihre Freundschaft zu Serafina hatte in letzter Zeit mehr als nur gelitten. Viele Hürden hatten sie überwunden und ihre Freundschaft war auch nie ganz auseinander gebrochen, aber sie litt immerzu. Wie stark war diese Freundschaft und was würde sie am Ende alles aushalten können? Serafina war so anders, so dratisch und sportlich gebaut, ein halber Mann mit immer irgendeiner Waffe in der Hand. Gabriella hingegen gläubisch, auf ihre Art schwach und zurückhaltend, aber an den Frieden glaubend. Doch auch sie hatte viel von Serafina gelernt, sie ergänzten sich oft prächtig. Doch Serafina schien irgendetwas zu bedrücken in letzter Zeit, über das sie nicht reden wollte. Sie kam nicht mehr so oft zu ihr und sie sprachen weniger miteinander. Und sie glaubte ihr auch die Geschichte nicht, dass sie in der Nacht, als Gabriella so krank war, nur bis an die westliche Mauer gegangen war und nie in Tinnos angekommen war. Vielleicht sollte sie Eric einfach mal fragen, wie das damals war. Angeblich habe Serafina ihn an der Stadtmauer getroffen und sei dann zurück gegangen. Doch warum sollte Serafina nicht etwas später in der Nacht erneut versucht haben, zu ihren Töchtern nach Tinnos zu kommen? Und irgendwie wirkte Serafina seit dieser Nacht verändert. Irgendetwas musste geschehen sein. Und dann hörte sie plötzlich zwei Personen miteinander reden. Bildete sie sich dies auch nur ein? War dies genauso eine Einbildung wie die Geräusche marschierender Soldaten? Nein das war es nicht. Und sie konnte nicht nur kurz darauf genau hören, was besprochen wurde, sondern auch wer miteinander sprach. Eric und Serafina. Sie hatten sich mitten in der Nacht etwas abseits von Gabriellas Hütte getroffen, um etwas vor ihr geheim zu halten. Warum sprachen sie nicht mit ihr darüber? Was sollten diese heimliche Treffen? Was hatten sie zu besprechen, was sie nicht auch interessierte? Ging es vielleicht um ihre Töchter? Dann hatte sie sehr wohl ein Recht darauf, es zu erfahren. Doch es ging, wie sie kurz darauf mitbekam, um den König von Tinnos. Eric schwieg zwischendurch elendig lang, was es sehr schwer machte, die Beiden weiterhin zu belauschen. Jedes kleinste Geräusch hätte sie auf Gabriella aufmerksam gemacht. Und dann versank Gabriellas Herz im Boden. Ihre Farbe im Gesicht verschwand von jetzt auf gleich. Sie zitterte nicht vor Kälte, sondern vor Erregung, Angst und Wut.

"Du musst dich der Sache stellen und zugeben, dass du den König von Tinnos umgebracht hast. Wenn du es selbst tust, wird die Position des Königs nicht mit irgendeinem unvernüftigen Bauern besetzt. Das gäbe eine Katastrophe und Tinnos würde völlig im Chaos versinken. Gerade in Zeiten wie diesen, war es wichtig, dass jemand die Stadt in die Hand nahm, der neue Ideen hervorbrachte und den Mut bewies, etwas zu verändern. So kann es ja nicht weiter gehen!". Gabriella hörte weiter zu, versank allerdings in Gedanken, Erinnerungen und verlor sich selbst in einer Art Trance. Ihre beste Freundin Serafina hatte jemanden umgebracht. Sie hatte ein Leben ausgelöscht. Sie hatte einen Menschen getötet. Den König. Den König von Tinnos. Sie hatte ihn umgebracht. Diese Gedanken überforderten sie. Leise aber gezielt ging sie zurück zur ihrer Hütte und verlor dabei jedes Zeit - und Orientierungsgefühl. Was sie danach tat, verschwamm in einem Sumpf aus losen Bruchstücken und Erinnerungen. Dann hatte sie womöglich auch Helena und Kalamar getötet. Kalamar, um ihr ein leichteres Leben zu bereiten und Helena, um sich zur einzigen Freundin im Umkreis zu machen. Wie konnte sie sich nur so in Serafina täuschen. Wie konnte sie nur ein Leben auslöschen? Wenn es etwas gab, was Gabriella niemals im Leben verzeihen konnte, dann das Töten eines Menschen. Und dann gleich alle drei. Dies widersprach all ihren Grundsätzen und so konnte man das Ziel von Frieden auf keinen Fall erreichen. Sie schwankte zwischen Wut, Verachtung und Hass, aber auch zwischen Mitgefühl, Trauer und Angst. Helena war tot und Serafina hatte sie nicht nur belogen, sondern auch hintergangen. Noch nie hatte sie sich so allein gefühlt. Das Einzige, was sie um sich herum noch hatte, waren diese lauten Geräusche im Ohr. Sie kamen immer näher. Die Schritte wurden wilder und brutaler. Die Entschlossenheit dieser Soldaten war endlos. Es klang jetzt so, als stünden sie vor dem Stadttor. Sie ging einige Schritte zur Mauer und lehnte sich kurz daran an. Mit dem Ohr an der Mauer lauschend konnte sie förmlich den Atem dieser Soldaten hören. Es mussten viele sein und sie waren nicht mehr weit von Xenos entfernt. Es war höchste Zeit, zum König von Xenos zu gehen und ihn über einige Dinge aufzuklären. Wenn nicht jetzt, dann wohl nie. Es musste sich etwas ändern, sonst würden noch viel mehr Menschen sterben, als es bisher geschehen war. Entschlossen ließ sie die Hütten der Bauern hinter sich und begab sich in tiefster Nacht auf den Weg zum Schloss. In ihr brodelte es und sie wusste jetzt noch nicht, was sie in wenigen Minuten für sich behalten oder ansprechen konnte. Dies war eine Nacht der Veränderung, davon war sie überzeugt.

Fortsetzung Folgt in Kürze!
Das große Finale, ein Zweiteiler, Episode 14 + 15 ! :)

Seralgo Refenoir
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Geschrieben von SeralgoRefenoir [Profil] am 16.07.2018

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Tags (Schlagwörter):

Mittelalter, Serafina, Gabriella, König, Tinnos, Xenos

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