Gedichte
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Die Meise
Könnte ich dir sagen ,kleine Meisewie ich dir wohl gesonnen bin!
Lockend vor dem Fenster liegt die Speise,
doch du Ängstliche wagst dich nicht hin.
Und wie oft du hurtig angeflogen ,
zitternd zwischen Bängnis und Begehr,
jemals hat´s dich zurückgebogen
und gezwungen doch zur wiederkehr.
Immer wohl im winzigen flügelleibe
wird das Herz dir vor erschrecken kalt,
siehst du durch die unbegriffene Scheibe
düster meine riesige Gestalt.
Jetzt !im Flug griffest du die Beute ,
brigst sie flink in Zweigeicht und Genist.
Würdtest du, daß ich die Nahrung streute ,
ohne Feindschaft ,ohne Hinterlist,
daß du Gerngeschenktes fortgetragen,
fürchtig wie gestohlen Gewinn-
kleine meise ,könnte ich dir sagen ,
wie ich dir so wohl gesonnen bin!
Ach, es bangte dir vor keinem Zorne ,
kämest wie der formme hund zum herrn,
selig schmaustest du von fettem Krone
und der Sonnenblume süßem Kern.
ließest dich auf meier Schulter nieder ,
und die Krume nähmst du mir´vom mund ,
kehrtest traulich alle Morgen wider,
und wir schlössen einlen langen Bund.
Ihr in wipfeln und in grauen Nestern,
Ruhelos zwischen Flucht und Schmaus,
kleine Meise meine scheuen Schwestern,
wie getreu sprecht ihr mich selbst aus!
Allenthalb ist mein Tisch gerichtet,
weißes Brot und scharzer Wein im Krug,
Süß und Bitter ward mir zugeschichtet,
und der großeWirt ist ohne Trug.
Ach, es bangte mir vor einem grimme,
und mich drückte keien Kümmersie ,
ach, verstünde ich nur seien Stimme
stille Ladung : Nimm getroßt und iss!
(werner Bergengruen)
Geschrieben von Kirschblüte [Profil] am 18.09.2015 |
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