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Wider der Fulminanz des Todes

Wider der Fulminanz des Todes
oder:
Der Ritt in die Uralten Lande

Einsamkeit ziert meine Reise, während Regen auf mich fällt,
hohe Wände rechts zur Seite haben mir die Sicht verstellt,
nur zur Linken seh' ich Weite, tiefe Schluchten, Blätterhain,
bin zu Pferde, karg gerüstet und ein Leichnam nenn' ich mein.

Eingepackt in Wollekleider, weißes Leinen, liegt sie da,
stummgeworden, bleichverfallen, bleibt mir nur ihr dunkles Haar,
das mich an die Zeiten 'innert, als ihr Sinn noch frohgemut,
bis vor Tagen, unbedächtig, sie verlor die Lebensglut.

Nur Halunken, Vogelfreien, folgten wir auf frischer Spur,
Pfeil auf Bogen, Schwert gezogen, waren vorbereitet, nur,
sahen wir nicht im Gelände, zwischen Strauch und Wiesengrund,
wie die Landschaft, hinterhältig, formte einen kleinen Schlund.

Eilig waren wir zu Pferde, ritten gegen Wind nun an,
mit der Sonne, uns im Rücken, kamen wir stets näher 'ran,
"Hinterhalt" war unser' Motto, siegen würden wir im Nu!,
hetzten wir voll Überzeugung auf das Diebeslager zu.

Wie ein Sturme, überhastig, preschten wir in Feindesland,
wie Kaninchen, auseinander, schossen sie schon allerhand,
in das Dickicht, in die Ferne, Fersengeld gab's tausendfach,
doch den Eifer uns'rer Herzen hielten wir nicht mehr in Schach.

Unbekümmert, siegestrunken, brachten wir den Rest zu Fall,
jagten sie aus dunklen Löchern, suchten sie gar überall,
bis ein hohes Mädchenkreischen hinter mir die Welt zerschlug,
stürzte meine holde Schwester in die Erde, wie ein Pflug.

Und die Grube tat sich gütlich, an dem Pferd- und Reitermahl,
dieser Anblick, reine Marter, reine Pein und reine Qual,
ließ mir kümmernd', tränenfließend, jeden Kampfeswillen sein,
lag zerschunden und zerschlagen, mein geliebtes Schwesterlein.

Ohne Eile kam ich wieder, in die Heimat, in mein Dorf,
brachte Kummer, brachte Wunden, die da kannten keinen Schorf,
sank zusammen mit der Mutter, mit dem Vater, auf die Knie,
tief im Innern, voller Zorne, voller Scham, voll Agonie.

Lautes Jammern flog von dannen, drang bis an ein altes Ohr,
unter Tränen, Rufen, Toben trat die Schamanistin vor,
die nur selig, unbekümmert, blickte auf den Körper hin,
dessen Kargheit brachte Schmerzen, raubte jeden Lebens Sinn.

Schließlich brachte sie zum Schweigen, unser aller Wehgesang,
ob die Arme, hob die Finger, zeigte auf die Sterne, dann,
die ganz artig ihre Bahnen über uns am Himmel dreh'n,
und begann mit ernsten Blicken auf den hellsten Punkt zu seh'n.

Wenig später fing sie leise, flüsternd fast, zu sprechen an,
machte deutlich, dass wir bräuchten, einen Reiter, einen Mann,
um zu reisen, mit der Toten, über Stock und Felsgestein,
über Berge, über Flüsse, in das Alte Land hinein.

Nur noch Tage wären übrig, rief sie dazu laut hinaus,
zwängte sich schon ihre Seele aus dem toten Körper raus,
und die Sterne stünden günstig, um das Wagnis einzugeh'n,
würden schon die alten Geister ihren tragisch' Tod versteh'n.

Nunmehr trug ich alle Bürde, ritt noch los in jener Nacht,
trotzte Stürmen, kalten Winden, die die luft'ge Höhe schafft,
ist das Wetter dieser Kämme kaum dem Menschen angetan,
scharfe Felsen allerorten, Klippen hoch wie ein Titan.

***

Dämmersonne, Nebelschleier, führen meinen müden Geist,
in der Ferne, zwischen Bäumen, seh' ich wie die Kluft aufreißt,
grüne Quader, übereinander, ragen weit ins Tal hervor,
herrschen über jene Lande, ist mein Ziel: Das Alte Tor.

Seit acht Tagen wach' ich ständig, auch das Reittier schüttelt sich,
dankend steige ich vom Sattel, ist sein Zustand fürchterlich,
selbst die Hufen so zerschlissen, wie mein Hemd, mein Jutesack,
dennoch scheint mir jede Plage bis zuletzt ein Vorgeschmack.

Gelbes Licht weist mir den Pfade, langsam schreite ich vorbei,
an den Säulen, tausend Fresken, doch sie sind mir einerlei,
nicht für Steine, menschgehauen, bin ich hier, so hängt mein Blick,
stets nach vorne, trotz der Fremdheit, gibt es keinen Weg zurück.

Wenig' Schritte muss ich leisten, bis das Tor liegt hinter mir,
steife Brisen, himmelreitend, wehen mir entgegen, schier,
finde mich auf hoher Klippe, sehe weit ins Land hinein,
eine Brücke, weitgeschwungen, lädt mich eifrig zu sich ein.

Mulmig trete ich nach vorne, drücke fest die Zügel, schon,
scheint mir jene nackte Strecke ohne Schutz wie blanker Hohn,
kaum elf Füße in der Breite ist der lange, steinig' Pfad,
während stets zu beiden Seiten nur der tiefe Fall verharrt.

Obwohl ich an manchen Tagen hatte eine Stadt geseh'n,
blieb die Brücke ohne Gleichen, muss ich mir nun eingesteh'n,
selbst die Stützen, dünne Bögen, wirken zart und filigran,
wie von Göttern hochgezogen, keines einz'gen Menschen Plan.

Aus dem Nebel schält sich später, eine Wonne, eine Pracht,
wäre ich nicht voller Ernste, hätte ich laut aufgelacht,
kämpft sich wacker aus den Dünsten, wolkenhoch, ein breiter Bau,
tausend Zinnen, stark verwittert, Grün belagert jedes Grau.

Wie ein Wurme komm' ich näher an das imposante Spiel,
kann nicht glauben, was ich sehe, bin ich hier an meinem Ziel?,
Lebt in diesen Kathedralen neben Geistern mancher Mahr?,
Birgt die Stätte Körperfresser, schwebe ich schon in Gefahr?

Diese Märchen und Legenden gehen mir durch meinen Kopf,
während ich des Pferdes Mähne flechte schnell zu einem Zopf,
dreißig Knoten, so die Losung, würden es schon für mich tun,
und die Geister jäh berufen weiterhin im Schlaf zu ruh'n.

Auch die Leinen meiner Schwester rücke ich nochmal zurecht,
zupf' im Anschluss meine Kleider, doch ich rieche weiter schlecht,
nur die Öle ihrer Haare bilden einen letzten Duft,
seufzend packe ich die Zügel, schnappe noch mal tief nach Luft.

Bis zum Mittag muss ich wandern, als die Brück' stößt in den Stein,
Nebelwolken, schwache Winde, hinterließen Sonnenschein,
umso dumpfer ist die Ahnung, wartet nur ein fins'tres Tor,
staubumschlungen schleich' ich weiter, wage mich ins Fremde vor.

Mit der Fackel geht es weiter, ohne dass da Echo wär',
kann kaum sehen, taste weiter, scheint es mir nicht weiter schwer,
findet sich nach kurzer Weile eine erste Halle, hell,
deren Treppe führt nach unten, rundwärts wie ein Karussell.

Auf dem Boden, nur ein Brunnen, dessen Wasser wirkt verstummt,
bin zwar durstig, doch ich meide, scheint es mir zu ungesund,
eh' stattdessen gen des Lichtes, welches durch die Decke bricht,
taumel' in den größten Saale, dessen Höhe Bände spricht.

Tausend Schritte, meine Schätzung, ragen in den Himmel, weit,
und die Wände, ehrfurchtsfördernd, tragen still ihr Götzenkleid,
Riesensäulen filtern Strahlen, pures Gold- und Silberschein,
wie ein Diener, voller Demut, pilger' ich zum Opferschrein.

Grob gehauen, ganz am Ende, wartet jener Stein auf mich,
weder Schmuck noch feine Zierden, nichts ist an ihm feierlich,
dennoch geb' ich meine Schwester seiner kalten Felsenhaut,
und entlasse jenes Leinen, welches war ihr anvertraut.

Fest verschlossen, ihre Lider, zeigen sich mir todeskalt,
und es ist mir wie im Traume, dass ich sähe einen Spalt,
auf den Lippen, das ich deute, als ein Lächeln, mir zulieb',
bricht die Stille überplötzlich wie ein mächt'ger Paukenhieb.

Rauschte vorher schon das Lichte, grellt es sich erst richtig ein,
blendet mich wie tausend Sonnen, prügelt in das Aug' hinein,
spricht mit fremden Zungen, zweie, männlich, weiblich, jetzt zu mir,
fragt mit tosendem Gedonner: "Sprich schon, Mensch, was willst du hier?"

***

Zitternd greife ich nach hinten, ziehe klirrend schnell mein Schwert,
schwarz ummantelt, scharf geschliffen, hat es sich bisher bewährt,
um zu schrecken jeden Feinde, dennoch grollt nur Lachen, laut,
bohrt sich wie des Hagels Körner tief hinein in meine Haut.

"Deine dunkle Schattenklinge macht mir weder Angst noch Zorn,
vielmehr ist mir ihre Aura wie ein treuer Freund, verlor'n,
aufgefunden von euch Menschen, die nicht wissen, was sie kann,
doch jetzt wo sie hergekommen sag' mir was du wünschest, dann."

Sofort zeige ich nach hinten, auf des Todes blasse Braut,
deute, dass es nimmer recht sei, wie ihr Lebenslicht vergraut,
und dass er doch sehen müsse, dass sie starb bei guter Tat,
deshalb meine lange Reise, um zu suchen seinen Rat.

"Ist es nicht der Menschen Wesen, dass sie weiland sterblich sind?
Glaubst du wirklich, dass ich helfe, sei nicht töricht, wie ein Kind!
Ihre Seele ist vergangen, Käfer ihren Körper hol'n,
so die Regeln, so das Leben, nichts wird je dem Tod gestohl'n."

Bittend trete ich nach vorne, flehe laut das Licht nun an,
keine Bürde könnt' mich schrecken, wär' ich doch sein Untertan,
singen schon so viele Lieder über dieses alte Land,
und mit Freuden werd' ich recken, für ihn stetig meine Hand.

"Wisse dass ich Wege kenne, doch sie sind nicht leicht zu geh'n,
willst du wirklich meine Hilfe, solltest du vielmehr versteh'n,
dass auf deinen Schultern Lasten unbekannter Herkunft sei'n,
hoher Preis wird dir begegnen, kannst ihm nicht entrinnen, nein!"

"Jedoch sehe ich die Härte, hinter deiner Wort und Tat,
sodann höre, fühle, merke, was ich dir fortan verrat',
vier Kolosse, vier Titanen, wandern über Berg und Kluft,
leben zwischen Wäldern, Flüssen, Hügeln oder in der Luft."

"Jeden musst du mir besiegen, mit dem Schwert, dem Dunklen Stahl,
jeder wird dir eine Mühsal, eine Plage, eine Qual,
und dein Eisen wird getrieben in der Riesen Lichtermal,
eine Narbe, blaubeleuchtet, stets an jedem Eins der Zahl."

"Wirst du diese Kämpfe toben, wird es ihr bald gut ergeh'n,
und das Schicksal soll mich strafen, sollte ich dir Trug erzähl'n,
bin ich mächtig und bedächtig blüht des Mädchens Atem auf,
korrigiert wird ihr Geschicke, ihr vergrauter Lebenslauf."

Freudig ruf' ich Lobeshymnen auf das sonnengelbe Licht,
heb' das Schwert zum treuen Gruße, was die golden' Strahlen bricht,
tausend kleine Lichtfragmente bündeln sich zu einem Strang,
welcher weiset mir den Wege, den ich gehen muss, entlang.

Zu den Felsen, tief im Süden, bohrt sich weit der gelbe Speer,
und trotz aller Eskapaden pfeife ich mein Pferd nun her,
wird geritten, über Wiesen, über grüne Angersweiten,
welche anders als die Steine keine Plagen uns bereiten.

Letztlich dröhnt das große Lichte, während Huf schon Humus frisst,
"Mit dem Schwert wirst du gewinnen, wenn du frohen Mutes bist,
lässt du jedoch Furcht dich leiten, wird bloß Tod der deine sein,
und auch deine liebe Schwester wird zu Knochenstaub, so fein."

***

Angetrieben von der Hoffnung, reit' ich von dem Tempel fort,
Adler schweben, Wespen summen, nichts ahnt meinen kühnen Mord,
von Gestalten, Riesenwesen, die ich weiland töten muss,
sorgen sie, aus fremden Gründen, wohl für Ärger und Verdruss.

Federleicht und sturmesträchtig ist mir trotzdem unser Ritt,
lass' mein Pferd am Ziele grasen, wandelt Weide sich zu Splitt,
und zu vielen, steilen Stufen, die nun nichts für Hufen sind,
dennoch tragen mich die Treppen hoch hinauf, und zwar geschwind.

Finde zwischen Trutzruinen, tote Bäume, kolossal,
karge Ödnis, triste Zweige, ihre Rinde, knochenfahl,
klaubt sich langsam aus dem Schatten, dröhnend laut ein Ungetüm,
dessen Größe und Gewaltnis auf mich zutritt, ungestüm.

Wie ein Turme seine Keule, jeder Schritt lässt Winde weh'n,
scheint sein Körper Burgen gleichend auf mich krachend zuzugeh'n,
Vögel fliegen laut von dannen, lassen mich vollends allein,
Angst belagert meine Sinne, lähmt den Mute ungemein.

Donnernd splittern schon die Steine, als der erste Schlag erfolgt,
und von hunderttausend Brocken wird mein jäher Sprung verfolgt,
Staubesnebel schenkt mir Deckung, dicht vorbei der zweite Hieb,
renn' ich zu des Monsters Ferse, die mir jetzt als Ziel verblieb'.

Wie von Blitzen eingefangen, wetzt das Untier sich im Kreis,
meine Flinkheit, meine Rettung, Wassern gleich läuft mir der Schweiß,
konnt' ich an des Wächters Beinen eine Plattform jäh erspäh'n,
und gelange auf den Rücken, von dem Monster, ungeseh'n.

Holz und Steine, gute Freunde, helfen mir bei meinem Halt,
kurze Pause, Sinnessammlung, Dreistigkeit macht sich bezahlt,
ist der Wächter mir unglaublich, überall sind Fels und Planken,
sehe Zinnen, sehe Ketten: Klirrend laute Eisenranken.

Plötzlich brüllt es laut im Zorne, scheint es mich auf sich zu spür'n,
krall' mich heftig an den Panzer, fängt es an sich wild zu rühr'n,
gleich den Pferden, ja den Wilden, bockt er eifrig seinen Leib,
während ich mit allen Kräften weiter an ihm fest verbleib'.

Wähne mich schon an der Grenze, als das Monstrum inne hält,
nutze jäh die Gunst der Stunde, Mut sich zu mir hingesellt,
klett're weiter an dem Wächter, bis zum breiten Nacken, dort,
festes Fell ersetzt die Steine, Terror kehrt zurück, sofort.

Ist es doch ein Lebewesen, frag' ich mich zutiefst verwirrt,
hab' ich mich ob dieser Rüstung völlig in mir selbst geirrt,
drohe ich gar einem Riesen, der mir niemals feindlich war,
bringe ich mich, tief verblendet, gerade grundlos in Gefahr?

Beinah' rutsche ich nach unten, greife fest ins Fell zurück,
meine Fragen müssen warten, sag' ich mir mit bösem Blick,
wird es keine Ruhe geben, bis der Wächter ist besiegt,
bis zerschlagen und zerschunden einer auf dem Boden liegt.

Groß die Pranke, auf der Linken, rasend in die Höhe schießt,
und sich wie ein Schwall aus Eisen auf die Schultern nun ergießt,
flüchtend sprinte ich nach vorne, ist der Nacken überspannt,
mit gezückter Klinge wird der Schädel von mir eingerannt.

Schimmernd sehe ich die Narbe, wie das Licht hat angesagt,
glüht sogar noch deutlich heller, als ich schreite schnell zur Tat,
ramme hart das Schwert ins Muster, welches dann sogleich erlischt,
jaulend falle ich nach hinten, überkommt mich schwarze Gischt.

Blutfontänen speien Schatten, düstern' Hauch und Todesduft,
teufelswild tobt nun der Große, wirft die Keule in die Luft,
greift mit seinen Riesenpranken nach dem töricht' Käferlein,
das nur eilig an den Ketten klettert zum Titanenbein.

Dennoch dauert es nicht lange, bis mein Stich bringt mir Tribut,
Dröhnen, Ächzen, Krähen, Stampfen, alles tobt in blinder Wut,
bis dann leblos stürzt zu Boden, hügelschwer, der Kampfkoloss,
welcher noch am frühen Morgen seine Existenz genoss.

Ungeniert zerbrechen Steine, Holz und Eisen splittern fein,
wie ein Frühlingsblatt im Winde, fall' ich in den Körper rein,
schwarze Massen mich umschließen, ich weiß nicht wie mir geschieht,
nur von Ferne hör' ich Stimmen, höre leis' ihr Lieblingslied.

***

Ohne dass ich's mir erkläre, wach' ich bald im Tempel auf,
auch mein Reittier ist gekommen und schaut in das Licht hinauf,
dessen Stimme ist nicht leiser, als es schrill mir gratuliert,
hät' ich doch mit allen Ehren vorzüglich im Kampf brilliert.

"Hurtig, Recke, nicht verzagen, das war Nummer Eins von vier,
draußen wartet, weit im Osten, schon das nächste Wächtertier.
Gräme dich nicht seiner Flügel, nicht aus Federn ist sein Kleid,
und mit dir an meiner Seite ist gekommen, seine Zeit."

Fast schon wie im Traume ruf' ich, dass der Kampf sei schon vorbei,
und dass kühn in Windeseile ihre Anzahl werde zwei,
schrecke mich nach dem Manöver nie ein Riese wieder, jetzt,
selbst der Golem, mit der Keule, hatte mich nicht mal verletzt.

Wieder reis' ich auf dem Pferde aus dem Tempel nun hinaus,
über Wiesen, Hügel, Bäche, durch die Wälder, ohne Graus,
trotze ich den tiefen Schluchten, die voll kaltem Schatten sind,
fürchte weder die Ruinen noch der Berge kaltem Wind.

Schließlich wird das Tale enger, Wasser zeigt sich mir zuhauf,
eingeschlossen, abgeschieden, ist des Flusses Überlauf,
hat verschlungen eine Stätte, kahl und düster sind die Mauern,
in den Ecken tut sich's regen, als da würde etwas lauern.

Ungestört schreit' ich ans Ufer, blicke in die Tiefen rein,
sanft umspielen mich die Wogen, also schwimme ich hinein,
eine Säule, krummgeworden, mache ich zu meinem Turm,
präsentiere mich dem Vogel wie ein kleiner Köderwurm.

Wenig später ist erklommen, meine Aussichtsposition,
blicke in diffusen Nebel und des Wassers Reflektion,
anders als beim ersten Kampfe, stürmt kein Untier auf mich zu,
so erlebe ich aufs Neue einen Anflug tiefer Ruh'.

Klarer werden meine Augen, leicht und leichter auch mein Geist,
frage mich nach all' dem Sinne, für den war ich her gereist?
Wollt' sie bloß vom Tode retten und nicht Wesen massakrier'n,
sag', Gewissen, voller Ernste, wie das konnte nur passier'n?

Und in Trance zieh' ich die Klinge, wenig Licht bricht sich an ihr,
matte Funken sterben eilig, über, unter, hinter mir,
ist anscheinend doch genüge, saust ein Schemen aus der Höh',
um zu landen, auf Ruinen, die da ragen aus dem See.

Beinah' lass' ich alles fallen, stürze fast von Turm hinab,
und obwohl die Sturmeswoge mich verfehlte allzu knapp,
spüre ich bis in die Knochen, dass mir wohl kein Sieg gelingt,
und mein Leichnam, unbestattet, auf des Wassers Boden sinkt.

Ohne weiter Zeit zu schinden, schießt der Vogel jetzt hervor,
seine Schwingen, weitgeöffnet, blitzschnell, wie ein Meteor,
saust er durch die toten Stätten, wirbelt Stein und Wasser weg,
steifgefroren, unbeweglich, bleibe ich wie tot am Fleck.

Doch zu meinem finst'ren Glücke, ist das Monster tonnenschwer,
drückt vor seinem Riesenkörper eine Windeswelle her,
welcher ich nicht widerstehe, bin ich nur ein kleiner Mann,
sause jäh sogleich vom Turme, in die luft'ge Höhe, dann.

Sehr zu meiner Überraschung fliegt das Untier wie ein Pfeil,
krache schwer, wie altes Fallobst, auf des Vogels Hinterteil,
einem lang gezog'nen Schweife, einem dritten Flügel gleich,
eingerahmt von Steinesstreifen, dicht bewohnt von Gräsern, weich.

Wäre es ein fliegend' Garten, fulminant die Herrlichkeit!,
doch für Schwelgen oder Gaffen ist nun wirklich keine Zeit,
schlägt der Vogel einen Bogen, biegt den Riesenkörper krumm,
kräftig packe ich ins Grase, wäre sonst mein Ritt schon um.

Eine Rolle folgt der nächsten, meine Kräfte geh'n dahin,
auch mein Magen ist nicht glücklich, nicht nach Essen steht der Sinn,
bohrt sich keck der Wächter munter in des Himmels Wolkenfeld,
bis er ohne Auftrieb wieder auf den See herniederfällt.

Mehr als nur mein Menschgeschicke hält mich an dem Vogel fest,
schüttelt sich das Untier stetig, als da wäre ich die Pest,
was betrachtet, ja auch stimmig, trage ich das Schwarze Schwert,
welches erst am heut'gen Tage hatte Stein und Holz verheert.

Endlich kommt das Tier zur Ruhe, gleitet leis' im weiten Rund,
seufzend lasse ich vom Grase, wurden mir die Finger wund,
ziehe zitternd meine Klinge, halte Ausschau nach dem Blau,
ignoriere, dass ich fliege, ist mein Magen eh schon flau.

Fern am Kopfe seh' ich's leuchten, fange mit dem Rennen an,
trennt mich von hier bis zum Schopfe eine lange, grüne Bahn,
weicher Gräser, kleiner Felsen, die wohl Knochen sind, und mehr,
dank des Vogels seichten Fluges ist das Laufen nimmer schwer.

Nur am Ende wird's gefährlich, scheint das Untier nicht zu dumm,
und wirft elegant mal wieder Flügel, Schweif und Rücken krumm,
wodurch ich zur Seite falle, nur mit einer Hand am Stein,
sehe dann des Wächters Narbe, auf dem Nacken, blauer Schein!

Ächzend find' ich Boden wieder, klett're auf das Muster zu,
währenddessen findet dieser Vogel einfach keine Ruh',
biegt und beugt sich scharf im Winde, bin ich ihm zu nah am Haupt,
und mit drehendem Gedärme spür' ich wie er hoch sich schraubt.

Alles Land wirkt jäh verwaschen, taucht es in das Wolkenmeer,
setzt sich dort, ein letztes Male, stürmisch gegen mich zur Wehr,
bis ich nahe an dem Leuchten, setze an zum kühnen Mord,
tief erleichtert, lass' mich fallen, als das Fleisch ist dann durchbohrt.

Schattenranken wachsen wilde, doch mir fehlt nun jede Kraft,
meine Beine, meine Arme, alles hängt mir taub erschlafft,
stürze ich zum Wasser nieder, sehe mich als Splitter, schon,
als das Dunkle mich errettet, mit unmenschlich' Perfektion.

Warm und wohlig ist die Schwärze, die mich aus dem Himmel klaubt,
und mit Macht, die ich nicht kenne, aus des Todes Klauen raubt,
wieder hör' ich zarte Stimmen, etwas lauter, als zuvor,
rauschen zärtlich ihre Lieder an mein taubgeword'nes Ohr.

***

Abermals bin ich Tempel, abermals komm' ich zu mir,
nieder scheint das grelle Lichte und mein Reittier steht Spalier,
taumel' zu der holden Schwester, deren Haut so rosig scheint,
während mir ihr toter Atem jeden Freudengruß verneint.

Schaue nun auf meine Hände, schwarze Adern zieren sie,
wollt' mich stören, an dem Anblick, doch erfüllt mich, Agonie,
nur beim Denken an ihr Sterben und nicht bei dem eigen' Leid,
weshalb ich dem Licht bekunde, dass ich wäre kampfbereit.

"Reite nun, mein treuer Krieger, in den Norden, los geschwind,
doch vermeid' die lange Brücke tobt auf ihr nur kalter Wind,
zu den Füßen ihrer Säulen wirst du eine Senke seh'n,
stürme also stets auf Erden und es wird dir gut ergeh'n."

"Jedoch fürchte seine Größe, schnelles Toben, sein Beruf,
kämpfe nicht allein mit Füßen, sondern nutze auch den Huf,
Eile ist bei ihm geboten, selbst wenn kaum er größer ist,
als dein Pferde, welches gerne dessen Körpermaße misst."

"Auch den Panzer wirst nicht sprengen, welcher ihn komplett beschützt,
keine Klinge, nicht die Schwarze, gibt es hier die dabei nützt,
um zu öffnen Stahl und Eisen, hinter dem das Mal sich birgt,
aber wisse um das Mittel, welches dennoch bei ihm wirkt."

"Denn vor Feuer scheut der Wächter, nutze es zum Vorteil, dir,
jage dann das Eisenwesen, über eine Klippe, schier,
wird der Fall mit etwas Glücke dir den Rücken öffnen, feist,
und zu Pferde wird im Anschluss eifrig zu ihm hingereist."

Mit den Worten noch im Nacken mache ich mich auf den Weg,
blicke über Sand und Hügel, Felsen, und so manchem Steg,
von der Witterung geschaffen, steter Tropfen hölt den Stein,
finde mich nach kurzer Weile an der Senke tapfer ein.

Tief hinab gehen diese Klüfte, nur ein kleiner Pfad, allein,
bildet eine Serpentine, der wir können folgen, rein,
in das Tale, staubverschlungen, kaum ein Pflänzchen trotzt der Sonn',
Winde pfeifen durch die Schluchten, Vögel eilen schon davon.

In den Stein ist dann geschlagen, eine alte Felsenstadt,
hohe Fenster, weite Fluchten, tief ergriffen, schau' mich satt,
scheint auch hier des Menschen Wirken wie von Götterhand zu sein,
nehme Säulen und die Wände in den freudig' Augenschein.

Grollen lasst mein Reittier zucken, beinahe falle ich vom Pferd,
halt' mich feste an den Zügeln, ziehe auch mein scharfes Schwert,
fange ein, die kargen Lichter, welche bis zum Boden fall'n,
schleuder' gelbe Sonnenspeere in die schattenreichen Hall'n.

Ohne Warnung brechen Wände und das Untier springt voran,
spreche meinem Pferde Mut zu, welches losstürmt, gleich sodann,
hetzen Jäger und Gejagte durch die tote Häuserschlucht,
kreuzen hundert Ballustraden; schließlich eine kleine Kluft.

Mit dem Sprunge, dem Gewagten, landen wir auf einem Platz,
wie der Hase vor der Schlange, wie der Wurme vor dem Spatz,
finden wir uns vor dem Wächter, dessen Haut ziert nur der Stahl,
unter dem glüht hell erleuchtet mir das blaue Narbenmal.

Über uns perlt ab die Sonne an der weißen Klippenwand,
war noch eben jeder Felsen tief orange und wie verbrannt,
zeigt sich Marmor allerorten, gleißend grell die Reflektion,
ahne ich voll Überzeugung, wie ich siegen werde, schon.

Keifend springt das kleine Monster auf uns zu mit scharfem Zahn,
so ich hoffe, insgeheime, dass nicht scheitert, jener Plan,
würde es uns beide reißen, auch mein treues Mähnentier,
welches litt schon zur Genüge, welches wollt' ich schonen, hier.

Lauthals droh' ich dem Bullen, locke ihn ins Licht hinein,
hebe dann die Kling' nach droben, bündel' schnell den Fackelschein,
wie ein Leuchtturm glüht die Schneide, wandelt Strahl zu Feuer gar,
vor dem huscht der Wächterhüne, wähnt er sich wohl in Gefahr.

Widerwillig hält er Abstand, als ich auf ihn zu nun ritt,
macht er ohne Gegenmittel dieses böse Spiele mit,
ist er schließlich an der Kante, tief hinab führt hier die Schlucht,
und es fehlt allein ein Schubser, bis der Fels wird plötzlich Luft.

Wie in Trance fällt er hinunter und schlägt sich den Rücken wund,
mit den Tritten in die Seite gebe ich dem Pferde kund,
dass nur hundert Augenblicke für den Siege übrig sind,
so wir reisen auf den Hufen dann zum Wächter eilgeschwind.

In den Hals schlägt mir das Herze, als ich den Titanen seh',
überall liegt Stahl und Eisen, dieser Anblick tut mir weh,
bringe ich schon wieder Kummer, über fremde Wesen, jetzt,
habe schon zwei hingemetzelt und ein weit'res schwer verletzt.

Dennoch komm' ich nicht zum Hadern, schreit das Untier fürchterlich,
eifrig reite ich zum Rücken, gebe ihm den Gnadenstich,
in das blaue Funkenmuster, welches sofort ganz erlischt,
und dann weichet, allem Schwarzen, jener Pechfontänengischt.

Reite von dem toten Wächter auf die Serpentine zu,
doch des Riesen dunkler Inhalt lässt mir wieder keine Ruh',
und durchbohrt zum dritten Male, ohne auf mein "Nein" zu hör'n,
mich von oben, seitwärts, unten, in den Fuß und das Gehirn.

Wieder füllt mich nur die Wärme, ein Gefühl von Einigkeit,
höre sanft bloß ihre Stimme, die mir raubt: Befangenheit,
kitzelt mit den feinen Liedern meine Sehnsucht wieder wach,
dessen überschwere Bürde hält den Kummer stets in Schach.

***

Nur ein Blick auf meine Schwester hat die Sorgen zugefror'n,
wollte ich erst protestieren: Widerspruch ist schon verlor'n,
ist ihr Anlitz voller Leben, Farbe dort, wo Tristheit war,
zarte Hände, schmale Lippen, kräftig strahlt ihr langes Haar.

"Nur ein Wächter ist jetzt übrig, nur ein Wächter fehlt uns noch,
deine Tugend ehrt dich, Krieger, fast beendet ist dein Joch!
Reite glorreich in den Westen, in die graue Wolke, schnell,
dampfend kocht dort jedes Wasser, siedend heiß, ihr Naturell."

"Jedoch ist nicht das von Übel, sondern jener Kampfgigant,
dessen Waffen sind gefährlich, nutze Vorsicht und Verstand,
aus der Ferne schießen Blitze, kugelrund und tödlich, auch!,
unverletztlich ist sein Panzer, seine Beine und sein Bauch."

"Willst du ihn zu Falle bringen und im Anschluss heimwärts zieh'n,
musst du kämpfen, wie der Hase, ständig vor dem Wächter flieh'n,
locke ihn aus seiner Grotte, kämpfst du draußen nicht allein,
werden tosend die Geysire für dich deine Henker sein."

Mit der Freude, tausend Wonnen, schwinge ich mich auf mein Pferd,
Schwert gezogen, Blick gefestigt, bald wird schon der Tod entehrt,
so mein Denken, so mein Wissen, als ich aus dem Tempel reit',
und trotz Schwärze, dunkler Adern, fühl' ich einzig Heiterkeit.

Zwanzig Hügelkuppen später thront die Ödnis vor mir auf,
zischend lassen die Geysire ihrem Inhalt freien Lauf,
und inmitten dieser Landschaft kann ich eine Höhle seh'n,
wie belagert von den heißen, beißendgelben Schwefelseen.

Trotzig reit' ich immer weiter, in den grauen, dichten Dunst,
dieses Land steht freilich niedrig in des Lebens Schöpfergunst,
sehe ich nicht mal Ruinen oder einen toten Hain,
einzig Schwefel füllt die Nüstern, heißes Pech lädt zu sich ein.

Was für eine Fallengrube, denke ich ganz still bei mir,
sicher lässt sich hier vergraben, auch ein riesig' Wächtertier,
doch wie soll man manövrieren, bei der knappen Nebelsicht,
langsam reiten und nicht hetzen, wird hier Überlebenspflicht.

Schließlich komme ich zur Höhle, einem tiefen Nebelschlund,
auch wenn ich kaum etwas sehe, wähne ich auf deren Grund,
jenen Wächter, der nicht schlummert, sondern mich zum Fehler zwingt,
hilft die Klinge, ohne Sonne, meinem Kampf nicht unbedingt.

Trotzig ziehe ich die Waffe, kann ich kaum was and'res tun,
Vorsicht soll ich walten lassen, doch was bringt mir Warten, nun,
scheint das Monster ziemlich helle und bleibt in der Dunkelheit,
und so kommt es, dass ich schreite, bin ich bald des Wartens leid.

Finsternis wölbt ihre Kleider, plötzlich wird der Tag zur Nacht,
nur am Eingang glimmt ein wenig von der letzten Lichterpracht,
nieder geht der sanfte Boden, nicht ein Abgrund wartet hier,
und mit gelben Kugelblitzen grüßt mich dann das Wächtertier.

Rasend schnell wie Bogenpfeile, sausen sie an mir vorbei,
falle dabei glatt vom Pferde und geb' fast die Klinge frei,
wie von Panik eingefangen, stürmt mein Reittier Richtung Licht,
doch zum Eingang dieser Höhle kommt es trotz der Sprintes nicht.

Heulend schallt ein tiefes Dröhnen durch das Grottenfelsgestein,
nach nur einem Liderzucken holt der Blitz die Hufen ein,
tonlos bricht mein Pferd zusammen, schwindet in dem Schatten, dann,
Zorn und Rage, blanker Irrsinn, fängt in mir zu toben an.

Einem Drachen gleich ich speie Flüche voller Leid und Pein,
heb' mein Schwert zur Drohgebärde, würde Rache meine sein,
renne blindlings in das Dunkel, nur zwei Funken leuchten weiß,
schießen dann auf meinen Körper mit den Kugelblitzen, heiß.

Sind zu schnell um auszuweichen, fliegen freudig auf mich hin,
fuchtle wild mit meiner Klinge, ohne Denken, ohne Sinn,
ist es wie ein fremdes Wirken, welches meine Arme führt,
und mit Staunen saust von dannen, jeder Blitz, der Stahl berührt.

Wütend grollt der finst're Riese, zeigt mir nun sein Angesicht,
zwei gigantisch große Augen mustern mich so kleinen Wicht,
mutig renne ich von dannen, zu dem Eingang, auf das Feld,
habe ich nicht ganz vergessen, was dem Untier nicht gefällt.

Stürme schließlich aus der Höhle, wie der Hase aus dem Bau,
dicht auf meinen Fersen folgt mir jener Wächter, ganz in grau,
zeigt mir unter freiem Himmel seine wahre Größe, gleich,
türmt den Körper in die Höhe, werde blass und knochenbleich.

War die Grotte kaum ein Hügel zeigt sich mir ein Kampfkoloss,
nennt vier Beine jetzt sein eigen und ein Panzer, wie ein Schloss,
breite Schuppen, harte Steine, kleiden ganz das Monster ein,
welches ragt mit seinem Schädel in die graue Wolke rein.

Ohne Reittier renn' ich weiter, um die kleinen Tümpel 'rum,
Stehenbleiben wär gefährlich, Stehenbleiben wäre dumm,
schießt es nimmer seine Blitze, welche ich ihm eh parier',
weshalb es voll grimmig' Freude auf mich tritt, mit Füßen, hier.

Komme wegen Schwefelteichen kaum von seinen Schritten weg,
dachte kurz, ob klettern hälfe, jedoch fehlt mir jeder Fleck,
den mir dient als erste Stufe, sind die Beine ohne Grat,
bleibt mir nur das blinde Rennen, einzig nur das Lob der Tat!

Dennoch halt' ich mich bedächtig, ist mein Gegner nicht zu dumpf,
niemals würd' er einfach folgen, meinen Spuren, in den Sumpf,
ohne vorher einzuhalten, ob der Weg auch sicher wär,
so mein Denken, pessimistisch, welches treibt mich vor ihm her.

Umso größer ist mein Wundern, als die Erde weiter bebt,
und der Große sich zielstrebig auf mich weiter zu bewegt,
was nach kurzer Überraschung mir unendlich logisch scheint,
haben es die langen Beine mit dem Boden gutgemeint.

Während ich selbst Pfützen meide, stampft der Hüne zügellos,
watet durch die Schwefelseen, ragt aus ihnen weiter, groß,
dank den spitzen Stelzengliedern ist das Moor kein Hürdenlauf,
so holt stets der große Riese meinen kleinen Vorsprung auf.

Als ich schon den Luftzug spüre, den die Schritte nach mir schrei'n,
kreuze japsend ich die Grenze, welche schließt die Sümpfe ein,
eine Reihe, langgezogen, pockennarbig ist sie auch,
brodelnd wähne ich voll Bangen nun der Erde Schwefelhauch.

Und wie auf ein Heimgezeichen zischt es lautstark überall,
falle heulend auf den Boden, reißt mich nieder, nun ein Knall,
als ein Dutzend Wassersäulen schießen plötzlich heiß empor,
mir dabei wie Schweine kreischen in das ungeschützte Ohr.

Taub und wirre ist mein Schädel, Schmerzen füllen meinen Geist,
heißes Wasser allerorten, mich aus meiner Ohnmacht reißt,
kämpfe mich auf taube Beine, suche nach dem Gegner, nun,
welcher liegt auf seiner Seite, scheint wie tot im Schlamm zu ruh'n.

Träge fang ich an zu humpeln, klammer' fest den Schwarzen Stahl,
suche dann mit Fieberschüben nach dem blauen Narbenmal,
welches zeigt sich mir am Rücken, zwischen festem Schildgestein,
ungeniert ramm' ich erleichtert meine Klinge tief hinein.

***

Wieder bringen Schattenranken meinen Körper zum Altar,
jedoch scheint das grelle Lichte nicht mehr so wie es mal war,
dröhnt es nicht mit lauter Zunge, sondern spricht mit sanften Ton,
schmeichelt meinen dumpfen Ohren, die die Stimme kennen, schon!

Langsam wie die Weinbergschnecke drehe ich das schwere Haupt,
und werd' wie vom Donnerblitze jäh des Atems schier beraubt,
wandert meine liebe Schwester voller Anmut ganz in Weiß,
doch statt Freude regt sich Schatten, um zu nehmen, seinen Preis.

Tief und feste greift das Dunkel nach dem Fleisch, das mir gehört,
während meine liebe Schwester nimmer auf mein Rufen hört,
und stattdessen ihre Lieder mit den Vögeln lieblich singt,
kein Gedanke an den Bruder, der erschöpft mit Schatten ringt.

"Spüre wie dein Wunsch wird Wahrheit", singt sie fröhlich, ohne Leid,
"vier Geschöpfe mussten sterben, doch bin ich nun ganz befreit,
meine Ketten hast zerrissen, meine Siegel sind passé,
endlich kann ich wieder reisen, in die Berge, in der See."

"Fühle dich nur jäh verraten, doch ich halte stets den Schwur,
und du wolltest, dass ich rette, deine holde Schwester, nur,
sagte ich dir schon beim Namen, hast es einfach nicht gelaubt,
dass kein Wesen je auf Erden einst dem Tod die Seele raubt."

"Und doch wandelt sie auf Erden, atmet und ist kerngesund,
du stattdessen bist gezeichnet, schikaniert und narbenwund,
trägst die Bürde deiner Taten, jener großen Blasphemie,
wartest auf die tausend Jahre voller Pein und Agonie."

Mag nicht glauben, was ich höre: Meine Schwester, nur ein Kleid!,
welches trägt ein irrer Dämon, welchen ich hab' selbst befreit,
traue nicht mehr meinen Sinnen, will dagegen etwas tun,
doch der Schatten, stark wie Eisen, lässt mich weiter harren, nun.

Wenig später donnert Tosen munter an den Tempelberg,
war bis eben fest das Dunkle ich jetzt nichts mehr von ihm merk',
hump'le dann der fremden Schwester voll des Zornes sofort nach,
kann von dieser fiesen Bestie einzig drohen: Ungemach.

Doch als ich die Treppe steige und bis zu der Brücke zieh',
krampft mein Magen sich zusammen, explodiert die Agonie,
denn bis weit zum Horizonte seh' ich einzig Trümmerstaub,
weggeweht, die feinen Säulen, wie des Herbstes Knisterlaub.

So geht hin, die lange Reise, die bleibt ohne Wiederkehr,
sitze an dem Rand des Tempels, setze mich nicht mehr zur Wehr,
jener Dämon hat gewonnen, und die Ethik der Geschicht':
Selbst ein altes Geisterwesen narrt den Menschentode, nicht.

Avatar Kein Bild

Geschrieben von Rejoice [Profil] am 23.02.2014

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Tags (Schlagwörter):

Ballade, tod, Melancholie, Kampf, Reue, Reise, schuld, Kummer, Schatten

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Kommentare und Punkte zu diesem Gedicht

 shalimee 23.02.2014, 15:05:23  
Avatar shalimeewow, was für eine tolle Story, und exzellent geschrieben,,,lg Shalimee

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