Totenhochzeit
Liebe Totengemeinde, wir haben uns heute hier versammelt um die Hochzeit dieser beiden Totengänger zu feiern. Bitte schlagen sie in ihrem schwarzen Gesangsbüchlein Seite 191 auf und stimmen mit mir das erste Lied an. Wer seinen madenzerfressenen Lungen etwas mehr Luft gönnen möchte, möge sein faulendes Fleisch oder seine Jahrzehnte alten Knochen von der morschen Holzbank erheben…
Heute bin ich Gast Bei einem ganz Besond‘ren Feste. Heut feiern zwei Tote Die Hochzeit ihrer Reste.
Die Toten stimmen an Ihr Lied….
Die Orgelpfeifen quietschen Schaurig, Die Violine, leicht verstimmt, Klingt, Als weine sie, höchst traurig, Um der Toten Schicksal…
Der Text ist schwerlich zu Verstehen, Doch scheint’s, als sängen Selbst die Maden seine Verse. Habens wohl schon oft gehört.
Das bisschen Text, Das ich vernehme, Klingt, als gäbe Man ein Trauerlied zum Besten.
……….
Der her anwesende Mortuum, ich frage sie: Möchten sie die hier anwesende Anima lieben und ehren, für immer und bis in alle Ewigkeit? So antworten sie „Ja, mit Schnitters Hilfe.“…
Da vernehme ich ein Schluchzen, Wie aus tausend Richtungen. Ich schaue neben mich und blicke, In die Augen eines Geistes, Einer jungen Frau, so scheint es. Ihr Mund lächelt mir freundlich zu, Doch ihre Augen, voller Schmerz, Blicken hinunter bis aufs Herz.
Und plötzlich hör ich eine Stimme…
Wolln wir nicht zusammen sein? Für immer, nur wir ganz allein! Bis ans Ende aller Tage!... Der Schnitter soll unser Zeuge sein… Für immer…nur wir ganz allein…
„Ja, mit Schnitters Hilfe.“ Sie dürfen die Braut jetzt küssen.
Ihre lippenlosen Münder, Berühren sich, Oh Wunder, voller Liebe und gar zart. Und sein modrig-schwarzes Herz, man sieht es, Schlägt voller Zuneigung Ganz hart.
………….
Die Hochzeit ist nun gleich Zu Ende. Man verlangt noch von der Braut, Sie werfe hinter ihren Strauß. Denn wer die Hochzeitsblumen Fängt, dem sei die nächste Hochzeit zum Geschenk.
Die Geisterfrau, sie fängt Die Rosen und die Menge Fragt gespannt: „Wer soll es sein, dein Bräutigam?“ … Sie dreht sich um, Kommt auf mich zu. Sie lächelt sanft Und schaut mich an… „Ich wähle dich zum Ehemann.“
Liebe Totengemeinde, wir haben uns heute hier versammelt um die Hochzeit dieser beiden Totengänger zu feiern…
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Kommentare und Punkte zu diesem Gedicht
Lee | 08.07.2011, 20:40:53 | ||
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Leopardin | 09.07.2011, 00:04:53 | ||
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magier | 15.09.2011, 20:06:27 | ||
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.Tourniquet. | 09.10.2011, 00:35:14 | ||
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hanniball | 27.06.2012, 20:06:38 | ||
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Rabenfeder | 01.07.2012, 14:28:41 | ||
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