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Grossstadtdschungel

Großstadtdschungel

Reeperbahn du Rote Meile
Ich geh deine Straßen entlang
der nasse Asphalt flimmert
Hamburg wie grell dein Wahrzeichen schimmert
Bunte Lichter spiegeln sich in den Pfützen
diese Abbilder wie sie in den Augen blitzen
wie sie blenden um abzulenken
Sie erzählen pausenlos
vom Leben vom Sterben
hier in den Straßen von Hamburg
wie sie Alle verderben
Es gibt kein Entrinnen
Mein Kopf ist wie von Sinnen
Am Dom seh ich den Schnee
an den Nasen der Damen kleben
so ist hier das Leben
das Überleben
Der Mond hängt wie ne Reklame satt und bleich
im dichten Plastik-Konsummärchenwald
Sklavenhandel par exellence
nur in hübsch kaschiert
Liebe wird in Stundenhotels
aufgeschminkt und abgeschmiert
dunkler Ort wo die Sehnsucht stirbt
wo Schönheit verwelkt und verdirbt
ich kann nicht warten
muss jetzt durchstarten
sonst frisst mich diese bunte Scheinwelt
und am Ende auch noch mein Geld
mein Hirn wird butterweich
Die Luft ist flirrend kühl
die Nacht wird kalt
so kalt wie die Liebe hier
so unnahbar
eiskalt und unberechenbar
so billig und bezahlbar
und doch nicht ertragbar
___________________

Hirnlos
Schmerzlos
Gedankenlos
geh ich die Straße weiter
und fühle jeden einzelnen Schritt
wie er auf dem nassen Asphalt klebt
wie der Boden unter meinen Füßen bebt
Laufen immer nur laufen
so lange es geht
Bis dir irgend ein Penner, Punk oder Polizist
ein Junkie oder ne Nutte im Weg steht
Freundlich lächeln
und Scheiße denken
Die Schritte werden schneller und lauter
ich hetze durch die Straße
wie ein Wolf auf der Flucht durch die Nacht
Nur nicht nach links abbiegen
in die Herbertstraße
die Gosse der gekauften Lügen
auch nicht nach rechts
da gibt es auch ohne Grund was auf's Leder
das weiß hier auf dem Kiez so ziemlich jeder
Die Ladys auf der anderen Seite
die mit den weißen Pudernasen
und ihren zerstörten Träumen
die mit den teuren Handtaschen
und die niemals schlafen
sind niemals pleite
Jedenfalls, nicht solang bis ihr Lude da war
um die Kohle einzusacken
als Bonus gibt's noch'n Schlag in den Nacken
was klar war
und wahr war
___________________

Sie winken mich ran
und fragen mich „Eh Du f….n, Mann?“
Ich winke ab
und sag grinsend: „Nein"
So geh ich heimwärts
die Straße weiter abwärts
vorbei an der Tanke
über die Schranke
Puppentheater im Panoptikum
jeder lacht sich schief und krumm
am meisten die mit der großen Kasse
das Geld rinnt nur so in ihre Tasche
am Glamour Tivoli-Theater vorbei,
links die David-Bullenwache
hier saß Freddy Quinn schon ein
wars sein Gesang oder doch der Alkohol
die nichtbezahlte Zeche?
Letzte Station für so manchen
der das Abenteuer suchte
und das Glück auf dem Strich
nun in die Wände ritzte
Lalü Lala, Tatü Tata
links geht's in die Herbertstraße
die Meile der Sünder und Sünderinnen
Nichts ist hier wie es scheint
und nichts ist hier wirklich wahr
Es ist schon halb zwei
Der Penny Markt hat schon längst zu
das Personal hat endlich auch mal Ruh
weiter vorbei an dieser scheinheiligen Glitzerwelt
die innerlich langsam
in sich zusammenfällt
auseinanderbricht
seht ihr das denn nicht?
___________________

Hinter all den bunten Fassaden
nichts als Kakerlaken und kriechende Maden
Frauen in knapper Bekleidung
mit unaussprechlicher Neigung
Sie verkaufen ihre Körper, ihre Seelen
wie sie sich quälen
und anschließend die Scheine zählen
Man muß nicht blind oder taub sein
die Frauen und Männer hinter den Wänden zu hören
Spielbudenplatz, auch nur ein Name
der falsche Hoffnungen und Liebe verspricht
Doch die Werbung am "EROS"
sieht so schön bunt aus
In großen Lettern steht es da
Pink Palace blink blink
und St. Paulchen grinst
diese Halbwelt glänzt so wunder-Bar
Mir tun die Augen weh
von all dem grellen Licht
Die Zuneigung so falsch
wie das Lächeln der Damen
Komm Junge Komm rüber
aber komm bald wieder
so schreit die Reklame mich an
und drinnen zerplatzen
Träume und Gesichter
und zwischen Kaffee und Brötchen
gibt es gehörig was auf die Pfötchen
oder auch mal ins Gesicht
Falsches Licht ich trau dir nicht
Sie geht niemals aus
verspricht schöne Träume
billige Alpträume
die platzen wie Schäume
und zurück bleiben Leid und Not
Im Hesburger
noch schnell ne Currywurst
und ne Cola gegen den Durst
dann weiter gehetzt
durch die Gassen
wo das Elend wohnt
und wo das Geld thront
St. Pauli ich liebe und ich hasse dich
Du erschrickst und begeisterst mich
Ich kann einfach nicht ohne dich
________________

Der Lärm aus den Bars und Kneipen
dringt auf den Bürgersteig
ich tu so als wenn ich drüber steig
wie Gene Kelly: "Singing in the Rain"
In den Stripteaselokalen an den Ecken
wo Kerle Scheine in Slips und BH's stecken
tanzen willige Frauen und Mädchen
auf Tischen und an Stangen
wo sich manche Dame komplett auszieht
was die Männer anzieht - anmacht
Fleischbeschauung der etwas anderen Art
Die Luft ist schwer von
Alkohol und Tabakduft geschwängert
das hat sich seit mehr als100 Jahren
Hier versoff und verhurte
so mancher Matrose seine Heuer
So mancher Hafenarbeiter seinen Lohn
es hat sich kein Stück geändert
Ein Punk spricht mich an
ob ich ne Zigarette hab oder Feuer
und eventuell auch noch nen Euro
Ja Ja der Euro, der wird ganz schön teuro
Da drüben der Hans Albers Platz
der Gute hätte diese Hölle in seinen Liedern
nicht besser beschreiben können
Hier wird nicht gealbert oder gespielt
sondern hart mit allem gedealt
Rausch und Liebe
kann man hier an jeder Ecke kaufen
Es regnet, verdammt
Der Junkie mit der Spritze im Arm
sein verklärtes Hirn hält ihn trocken und warm
denn er spürt in seinem Rausch
den eiskalten Regen nicht
er sitzt im Gegenlicht
und lächelt der Welt entrückt
Reeperbahn du geile Rote Meile
früher machte man hier Seile
Ich hab dich so satt
warum macht man dich nicht platt?
die Damen sie lachen künstlich
die Herren sie zahlen günstig
doch bezahlen sie auch mit ihrer Seele
für ne schnelle Nummer
im Séparée
Ade, Ade
es tut so weh
___________________

Am Beatles-Platz angekommen
Ein obdachloser Säufer singt: We love you
und hofft auf nen Euro für nen Drink
Das Herz wirkt wie benommen
Rechts geht's rein in die sündige Meile
hier starteten die Jungs ihre Karriere
machten sie ihre Musik und tranken
Unmengen Schnaps und Bier
Freiheit sieht anders aus
hier tobt am Wochenende das Leben
wenn Männer und Frauen
sich die Kante geben
Bis zum Erbrechen
und die Nutten sich an den Freiern rächen
Große Freiheit was kannst du bieten
Suff, Betrug, nacktes Fleisch
Riesengroße Titten, Ärsche
und jede Menge Nieten
ein regelrechter Flashmob der Gefühle
im quirligem Feierlaune-Gewühle
Bier und Champagner
fließen hier in Strömen
Scheine wechseln sekündlich die Besitzer
hier sind die harten Männer
und die Messer immer etwas spitzer
Tanzen Frauen auf Tischen
für nen Schein
Sie lächeln dich an
und denken: Du Schwein
doch sagen würden sie es nicht
zumindest nicht so lange
bis verlöscht das letzte Licht
und d deine Rechnung blechst
___________________

Da sehe ich sie schon
die Treppen
zu meiner S-Bahnstation
Die Penner hier im Untergrund
ihre Welt ist nicht so bunt
alle kaputt, leer und abgewrackt
liegen sie hier in ihrem Schlafsack
die Ausgestoßenen, die Verdammt und Verlorenen
besoffen und zugedröhnt
vollgepisst und vollgekotzt
Ein Anblick den niemand
gerne sieht und mag
ihre Welt ist sonst grau
Ich spring die letzten Stufen zum Gleis hinunter
meine letzte Bahn sie fährt gleich schon
Mit einen Hechtsprung in den Waggon
Da kommt dieser besoffene Typ ran
und bettelt mich an
Ich sage harsch zu ihm
geh einfach weiter Mann
Ein Ruck geht durchs Abteil
wir fahren schon
Richtung Heimat
übernächste Station
Dann bin ich raus hier
bin wieder zu Haus hier
schließ alle Tür hinter mir zu

Endlich Ruh...


Avatar Katzenherz

Geschrieben von Katzenherz [Profil] am 07.10.2011

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 nadej 08.10.2011, 17:55:48  
Avatar kein Bildich kann so die stadt durch deine augen sehen. gefällt mir sehr gut, du schreibst und man hat ein film vor augen...von mir 5 punkte liebe grüsse katzenherz

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