Der Traum vom Tod
Es geschah in einer grossen, fremden dunklen Stadt. Sie war mir fremd, ich war hier fremd. In weite, lange Gewänder gehüllte Menschen bewegten sich langsam und schweigend durch die Strassen. Ihre Gesichter verhüllt hinter Schleiern und verborgen unter Kapuzen. Ganz allein war ich hier oder besser, ich fühlte mich allein. Unbehagen stieg auf in mir und nur noch weg wollte ich von diesem unheimlichen Ort. Ein Taxi hielt neben mir und hastig stieg ich ein, froh zu entfliehen dieser unheimlichen Szenerie. Der Fahrer war ein alter, magerer Mann mit symphatischen Gesichtsausdruck. Er trug die selben seltsamen Gewänder wie die Menschen in den Strassen und er sah sehr weise und geheimnisvoll aus unter dieser Kapuze die nur Teile seines Gesichtes erkennen liess. Sicher und geborgen fühlte ich mich in seiner Nähe. Er muss wohl auch ein paar Worte mit mir gesprochen haben, und ich kann mich noch gut an seine ruhige, beschwichtigende Stimme erinnern die mir so seltsam vertraut erschien. Wir waren noch nicht sehr lange gefahren, da merkte ich das etwas nicht stimmte. Ohne erkennbaren Grund hielt er plötzlich den Wagen an. Ich sah zu ihm hinüber, irgendetwas schien in Ordnung zu sein. Der alte Mann sackte in sich zusammen, seine Kapuze verdeckte sein Gesicht jetzt noch mehr. Ich sah auf seine Hände die ruckartig am Steuer herabglitten und pures Entsetzen überkam mich. Seine Hände, sie veränderten sich! Sie wurden magerer! So mager und dürr dass schließlich die Knochen aus der Haut hervorragten. Panik ergriff mich als er mir nun langsam sein Gesicht zuwandte und mich ansah. Ein Bild des Grauens bot sich mir. Ich musste mit ansehen wie sein Gesicht verfiel, verfaulte, verweste. Es war das Antlitz des Todes. Sein Körper sackte noch mehr in sich zusammen während auch sein Leib verweste. Und trotzdem sah er mich mit festem, wachen Blick an. Fast fragend, abwartend. Da erkannte ich ihn! Ich erkannte, dass er der Tod war. Angst überkam mich, raubte mir fast die Sinne. Niemand würde mir helfen können. Noch nie in meinem Leben hatte ich solche Angst verspürt, solches Entsetzen. Unfähig mich zu bewegen, starrte ich noch immer in diese Augen. So dunkel und voller Einsamkeit trugen sie doch eine Weisheit in sich so tief und alt dass kein Sterblicher sie je ganz zu begreifen vermag. Und da hatte ich unwillkürlich Mitleid mit ihm. Ich erkannte, dass er immer noch der gleiche, alte Mann war wie vorher. Ich sah es durch seine Augen. Sah durch sie in seine Seele. Alle Angst und alles Entsetzen fiel von mir ab. Mein Herz füllte sich mit Wärme und war voller Liebe. Leicht fühlte ich mich auf einmal und unbeschwert und die Erkenntnis durchzuckte mich wie ein Blitz. Plötzlich wusste ich, dass ich den Tod annehmen muss um leben zu können. Dass er mich jede Minute meines Daseins begleitet und ich das akzeptieren muss. Ich muss mit ihm leben und deshalb darf ich mich auch nicht vor ihm fürchten. Erwarten musst du ihn zu jeder Zeit. So breitete ich meine Arme aus, öffnete mein Herz und umarmte ihn wie einen alten Freund.Geschrieben von Locita [Profil] am 15.03.2015 |
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Kommentare und Punkte zu diesem Gedicht
Davide | 30.05.2015, 15:05:46 | ||
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