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Julia und Julius

Julia und Julius

 

Julia ist gerade sechs Jahre alt.
Lachend läuft sie ihrem Papa in die Arme. Er ist unheimlich stolz auf seine kleine Prinzessin.
Und sie präsentiert voll Freude das Seepferdchen,
das sie für ihre tolle Schwimmleistung bekommen hat.

Anfangs hatte sie echt  Angst, doch Mama und Papa
haben ihr geduldig und mit viel Liebe

bei den ersten Schwimmversuchen geholfen.
Jetzt kann sie sogar schon tauchen.

Alle freuen sich riesig auf den Urlaub am Meer. Das Fahrrad geht natürlich mit auf Reisen,
das Auto bietet genug Platz für die kleine glückliche Familie.  
Schmunzelnd denkt der junge Vater an die Zeit zurück, als sein Töchterchen mit vier Jahren
munter drauf los radelte und er sie auf Knien rutschend auffing.
Für die rasanten Kurven brauchte sie  doch noch seine Hilfe.
Er hört noch das herzhafte Lachen seiner Frau, als er wie ein kleiner Junge
mit zerrissenen, staubigen Hosen vor ihr stand.
Ja und heute, heute schwimmt sein kleiner Liebling wie ein Frosch.
Am Abend trägt er sein Engelchen in ihr Himmelbett,
singt ihr sogar das Gutenachtlied,

auch wenn die Kleine die ganze Zeit kichert, weil ihr Papilein krächzt wie ein Rabe.
Nun er hält tapfer durch und trägt es mit Fassung.
Endlich schläft seine Julia,

er gibt ihr noch ein Küsschen.
Nach ein paar Minuten verlässt er glücklich lächelnd das Kinderzimmer.

 

 

Julius ist wahrscheinlich sechs Jahre.
Schwimmen und Tauchen musste er schon mit vier lernen. 
Die ersten Tage hat er schrecklich geweint. Denn er hatte panische Angst,
vor allem vor dem bösen alten Mann und dessen Schläge.
Liebe...? bekam er nie. Auch nicht von seinen Eltern.
An die oder an seine Geschwister erinnert er sich kaum noch.
Er weiß nur, dass sein Vater ihn als Sklaven verkauft hat.
Die Fahrt in dem engen alten Bus dauerte viele Tage.
Wenn Julius jetzt am frühen Morgen mit den anderen Kindern im Boot sitzt,
fühlt jeder die Angst, niemand hat sie je verloren.
Weinen...? Nein das sieht ihr Besitzer nicht gern, dafür gibt es nur noch mehr Prügel.
Spielzeug...? Weiß keiner was das ist.
Aber einen Freund hatte er bald gefunden. Ben! Der war schon 9 und ziemlich stark.
Oft  beschützte er Julius. Für eine karge Mahlzeit müßen die Kinder lange arbeiten.
In freien Momenten beobachten sie bunte Vögel
und ein winziger Funken blitzt dann in ihren Augen.

Kalt und viel zu kurz  sind die Nächte in den kleinen Hütten.
Vor Erschöpfung schlafen trotzdem alle meist sofort ein.

Ein Schlaflied summen ihnen nur die Moskitos. 
In dieser einen Nacht doch hört jeder,
wie Julius hemmungslos weint und wütend schimpft,

ja er ist wütend auf seinen einzigen Freund.
Nun   langsam wird er ruhiger,
seine Wut   scheint verflogen.

Er wischt sich die Tränen fort und lacht,
laut und herzhaft lacht er
zum ersten Mal.

Julius freut sich insgeheim für Ben,
Weil Ben dem bösen Fischer nicht gehorcht hat.
Er ist einfach unter Wasser geblieben
und nicht mehr aufgetaucht.

 

 

 

 

 

 


 

 


Avatar shalimee

Geschrieben von shalimee [Profil] am 17.03.2014

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Kommentare und Punkte zu diesem Gedicht

 klausn001 17.03.2014, 22:44:03  
Avatar klausn001Diese Zeilen regen mich zum Nachdenken an. Ich glaube, es ist auch Sinn und Zweck der kleinen Geschichte. Einfach gut!

 Dark Xperience 17.03.2014, 22:49:21  
Avatar kein BildWas soll Ich sagen... 5 Sterne und mehr würde Ich Dir geben, gleiches Alter, gleiches Leben? Mitnichten und hab Ich zuerst gelacht, hat mich der zweite Teil unsagbar traurig gemacht. Der erste Teil noch so rein, ja auch meine Tochter ist noch so klein, und habe die ganze Zeit ihr Bild vor Augen gesehen und auch sehr viele Paralellen... Und dann der zweite Teil, oh welch ein Graus, man will wegschauen, man hält es nicht aus, ist entsetzt und schockiert und denkt daran, wie es in einem anderen Leben sein kann. Und das Ende so tragisch, voller Melancholie, wissend - leider - es ist nicht nur bloße Fantasie.

 Dark Xperience 17.03.2014, 22:52:56  
Avatar kein BildDein Werk hat mich so sehr berührt und bewegt, dass Ich es mit meiner Seite teilen musste... (https://www.facebook.com/darkworldbydarkxperience)

 shalimee 18.03.2014, 17:09:09  
Avatar shalimeevielen Dank liebe Dark und lieber Klausn,,,lg Shalimee

 HB Panther 18.03.2014, 17:51:58  
Avatar HB Pantherach liebste shalimee, wie verschieden doch orte sind! Wie verschieden doch kinder leben, dir eine dicke umarmung!!! Und ganz liebe grüße !

 shalimee 18.03.2014, 19:34:45  
Avatar shalimeeLieber Panther, ich wünschte auch man könnte den zweiten Teil der Geschichte löschen, liebe Grüße fliegen mit Ostseesturm zurück,,,

 The True 19.03.2014, 21:15:04  
Avatar kein BildLeider gibt es nicht nur den ersten Teil. Wunderbar umgesetzt dieses doch sehr traurige Thema. lg. Franzi

 shalimee 19.03.2014, 22:50:15  
Avatar shalimeevielen Dank liebe Franzi,,,lg Shalimee

 possum 16.04.2014, 01:49:52  
Avatar possumDanke für die Zeilen, liebe shalimee! Lg an dich!

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