>
>
Gedicht drucken


Argwain, der Durstige

Argwain, der Durstige

Die Parkbank hatte bessere Zeiten erlebt, beschloss Argwain,
der stehen blieb und inne hielt. Rost fraß sich bereits
ins Metall-kleid und die Balken wirkten schon leicht angemorscht.
Und wäre das Zwitschern der Vögel, entferntes Kinderlachen,
das Rauschen des Flusses, die Schattensilhouetten der Bäume,
das Gras nicht frisch geschnitten, die Bank besetzt, ja,
dann hätte Argwain anders entschieden und die Geschichte
nicht des erzählens-wert. Es knarrte leicht, doch zufrieden
mit seiner Entscheidung, die Bank mit seiner Wesenheit
zu beschweren, machte Argwain es sich auf ihr bequem.
Er konnte sich gar nicht erklären, warum sie als einzige
der vielen Parkbänke unbesetzt war, wenn das Wetter doch
so freundlich zum Genießen und Ruhen eingeladen hatte.
Beim Sondieren der Allee von seiner neuen Perspektive aus,
machte Argwain eine weitere Entdeckung. Diese Bank war
tatsächlich auch die einzige, die über kein gegenüberliegendes
Pendant verfügte - stattdessen war dort eine Reihe dichtgewachsener
Buchsbaumsbüsche zwischen den Alleebäumen gesetzt worden.
Argwain betrachtete sie eine Weile argwönisch - nie zuvor
waren ihm diese Büsche wirklich ins Auge gefallen, und wenn,
wieso war er dermaßen über ihre Existenz überrascht?
Eine vorbeiziehende Frau mit Qualitäten beendete sein
Gedankenwuseln sehr abrupt. Auch sie hatte ihn beäugt, doch
gekonnt im Vorübergehen überspielt, rang es ihr doch ein
Lächeln ab. Argwain, kurz überfordert, zögerte, doch gerade
als er sich von der Bank erhoben hatte, und die Frau zum einen
oder anderen Wort anhalten wollte, vernahm er ein Aufblitzen
inmitten der Buschreihe, wie man es von einem Stück Glas
oder einem Spiegel kennt, der das Sonnenlicht gebrochen,
doch diesem lediglich ähnlich. Und genau dieser Umstand
ließ Argwain abermals zögern und verwirrt stehen bleiben.
Als er sich besonnen hatte und die Frau aufzuspüren gedachte,
war sie längst aus seinem Blickfeld verschwunden gewesen.
Argwain schluckte seinem Ärger mit wachsender Neugier
hinunter, als es dort erneut aufblitzte. Diesmal konnte
er den Ursprung ausmachen. Ein paar Schritte später beugte
sich Argwain der Quelle entgegen und fand sie auch gleich.
Eine goldene Lampe - Märchenstoff: Eine Art Souvenir entschied
Argwain, ein langweiliges Utensil und Spielzeug für Träumer.
Kaum vorgestellt, packte ihn aber schon der Spieltrieb,
und er rieb, sein Verhängnis beschließend, an der Lampe.

Der freundliche Sonnentag erstarrte.
Argwain fühlte weder Wind noch Wärme auf seiner Haut,
auch legte sich absolute Stille auf die ganze Welt,
denn wirklich die Zeit schien angehalten zu haben.
Der Lampe entstieg dunkler, dicker Rauch und bevor
sich Argwain dabei ertappen konnte, Angst oder Scheu
zu empfinden, war da auch schon eine tiefe kehlige Stimme:

Argwain, Lampenfinder, wähle

In der Stimme lag keine Freundlichkeit, eiskalt lief
es Argwain den Rücken hinunter und als die Bedeutung der Worte
langsam in sein Bewusstsein sickerten, ertönten sie schon erneut

Argwain, Lampenfinder, wähle

Er konnte im Rauch keine Gestalt ausmachen, die Stimme war
körperlos. Wählen? mehr gehaucht und laut gedacht
als gesprochen, entgegnete Argwain.

Argwain, Lampenfinder, wähle deinen Wunsch

Und Argwain wählte. Er wählte Geist und Augen
die Nebel der Welt zu durchschauen.

Es sei.

Der Rauch, die Lampe und die Stimme verschwanden
und so plötzlich wie die Zeit angehalten hatte, lief sie nun
weiter und Argwain zuckte erschrocken bei den zu schnell
einsetzenden auf ihn hereinfallenden Geräuschen und
Eindrucken zusammen. Sein Blick fiel auf seine Hände,
dort war nichts mehr. Er stand vor einem der Buchsbäume
und konnte nicht beschwören das Erlebte vielleicht
doch nur geträumt zu haben. Es hatte sich etwas verändert,
er hatte sich verändert.
Schlimmes ahnend wandte sich Argwain der Bank erneut zu,
und ließ sich etwas unsanft fallen und war alsbald schob in Gedanken.
In seinem Kopf schien sich
alles zu überschlagen. Eine Informations- und Erkenntnisflut
brach über ihn herein und er fürchtete den Verstand zu verlieren.
Der Schmerz kam schnell und unbarmherzig, und als Argwain
die Hände zum Schutz seinem Kopf entgegen richtete und
Aufschrein wollte, war alles bereits vorbei.

Seine geschlossenen, nicht mehr verkrampften Augenlider
hoben sich langsam und wissend. Er atmete langsam und
sehr tief ein und wieder aus.

Klarheit erfüllte seinen Geist, und bevor er selbst
sich entschlossen haben zu schien, war er auch schon
auf den Beinen, dem Fluss entgegen.

Wenige Momente später verschluckte ihn das Wasser und
Argwain bezahlte mit seinem Leben.

Glücklichkeit für die Unwissenden
Gleichgültigkeit für die Wissenden

Jedes Herz kann nur begrenzt Weisheit
und Erkenntnis in sich ertragen
Jeder Mensch verfolgt die Einheit
Zwischen Gefühl, Verstand und allen Fragen.

Avatar franzis

Geschrieben von franzis [Profil] am 03.12.2020

Aus der Kategorie Sonstige Lyric



Logo Creative Commons
Dieses Werk ist durch die Creative Commons Lizens geschützt. Bitte bachte die Rechte

Dieses Gedicht oder ein Kommentar enthält anstößige Wörter oder Beleidigungen?

Tags (Schlagwörter):

Argwain, Durstig, Wissen, Erkenntnis, Selbsterkenntnis, Schmerz, Weltschmerz

Bewertungen

0 Punkte
Punkte: 0 bei 0 Bewertungen. Das Entspricht im Durchschnitt 0 Punkte
(Punkte können mit einem neuen Kommentar vergeben werden.)

Anzahl Aufrufe: 600


Dieses Gedicht teilen


Kommentare und Punkte zu diesem Gedicht

Es sind noch keine Kommentare vorhanden. Bitte schreibe dem Autor wie du den Text findest

Kommentar schreiben und Punkte vergeben

Bitte melde dich ganz oben auf der Seite an um einen Kommentar zu schreiben und Bewertungen zu vergeben

Andere Gedichte von franzis

Vorurteile
Vertiefen
Vertraute Seele
Im Schlechten, wie im Guten
Vor einem Jahr
Teile und Herrsche
Zum Abschied
Es ist kein Geheimnis.
Da tanzen sie
Sprich mir nach

Die beliebtesten Gedichte:

Unausweichlich Tod
Kraniche
Im Regen
Verwirrte Worte
Wer Sehnsucht kennt...
Fluch(t) der Träume
Still und bescheiden
Panthers letztes Schriftstück
Der Mittag
Am Abend danach

Die neusten Gedichte:

Harmonie der Gefühle
Adelheid
Zeit mit Dir
Gut oder schlecht
Im Kriegsgebiet
Leise
Teilnahmslos
Denkstoff
Möchte noch einmal...
Ich kann nicht ewig bleiben

Oft gelesene Gedichte:

Ich liebe Dich mein Schatz
Danke an unsern Lehrer!!
An meine liebe Frau
Was ich meinen Kindern immer mal sagen wollte...
Für meine Schwester
Für meinen Schatz
Ich Denke an Dich...
Hab Dich Lieb Mama
Für mein Schatz
Meine Oma