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Beichte

Beichte


In einem angenehmen, leicht gelben Schein elektrischen Lichts, gerade noch nicht zu grell in den nun schon späten Stunden müde gewordenen Augen stechend, stand er vor dem Spiegel mit der Pinzette in der Hand sich schwer konzentrierend und gewahr gar nicht, die Ruhe, die ihn schon Minuten zuvor mehr und mehr auf seinen Entschluss hin zu durchdringen begann. Ganz im Sein und im Zupfen vertieft, reifte nach und nach in ihm sich verklärend der Wunsch seiner geheimen Leidenschaft ein Neues zu widmen. Er wanderte von einem Härchen zum nächsten, spazierte am Grat zwischen bewusster Handlung und aufkommender, noch beinah unbewusster Schaffenslust. Schon klangen ihm erste Regungen nach Ansätzen und Lautmalereien und Wendungen, ein wachsender Verlauf einer Geschichte, die mit jedem von ihm vom Zupfen verursachten Schmerz ins Werden erwachte und erwachen wollte, sie drängte sich ihm schon beinahe auf, und er wusste noch nicht, ob er mit ihr glücklich sein würde, ob er denn genügen würde, ihr den gewünschten Geist einzuhauchen. Noch bevor er gedanklich seine pflegerische Tätigkeit abgeschlossen hatte, saß er schon vor dem breiten, holzfarbenen Schreibtisch, unter den hellen Spots, der so langweiligen immer weißen Wand gegenüber, an der links und rechts zwei am Tisch stehende Regale sich hochräkelten. Beladen mit allerlei Dokumenten und Geräten, mit Ballast, so dachte er, von dem in seiner Geschichte jemand endgültig Abschied nehmen würde; Jemand mit der Vergangenheit seinen Frieden schließen würde. Sie sein und gehen lassen würde, um mit seinem Hier und Jetzt aufzuräumen, um den nächsten Schritt mit weitgehenster Klarheit ausmachen zu können, denn danach zu dürsten, sollte ihm sein größtes Anliegen bedeuten. So folgte er seiner Intuition und ermalte sich, die Schatten abstreifend, seinem Bedürfnis nach viele Möglichkeiten, an sein vor einiger Zeit gesetztes Ziel zu gelangen. Würde sie ihn wirklich ins Herze schließen können? So durchfuhr ihn ein letzter großer Zweifel, vor seinem geistigen Auge. Alles war perfekt, bereit und durchdacht, doch so gut, wie Newton, dem die Realität schmerzend, wie zugleich erleuchtend in der Forme eines Apfels auf den Kopfe gefallen war, war ihm bewusst, gerreichte selbst der besterwogenste Plan nicht, wenn die Realität sich weigern mochte ihn mitzuspielen, wenn seine Annahmen und Berechnung auf falschen Tatsachen gründen sollten. Doch er war es bereit, hatte seinen Mut zusammengenommen, sein ganzes Vertrauen in ihre zarten, doch so unbekannten, Hände zu legen. Erneut stahl sich ein Zweifel in sein Vorhaben, doch war es nun auch schon zu spät gewesen. Die Geschichte würde ihren Verlauf nehmen und sein Schicksal würde sich ihm auftun, im Schmerz, wie im Glück. Er würde es ihr auf seine Weise beibringen, seine Hoffnungen, seine Absichten ihr ganz offen legen und sie, sie würde befinden und besiegeln.


 


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Geschrieben von franzis [Profil] am 25.11.2020

Aus der Kategorie Sonstige Lyric



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Tags (Schlagwörter):

Beichte, Gedanken, Kurzgeschichte, Liebe, Hoffnung, kennenlernen, aufräumen, aufarbeiten, Ziel, Wahl, Entscheidung, Verantwortung

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