Gedichte
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Wie ich mich fühle (poetry slam)Wie ich mich fühle (Missbrauchinhalte, Triggergefahr)Sie sitzen auf ihren Stühlen und hören mehr oder weniger zu. Die einen reden, die andere wühlen. Machen ihre Aufgaben oder denken ,,wozu?“ Es ist nicht laut, aber auch nicht leise und jeder ist nett, auf seine Weise. Und ich sitze mittendrin und mein Leib ist da, doch ich scheine fort. Ich bin der Realität so nah und doch bin ich nicht hier, nicht dort. Die Lehrer glauben ich verharre in meinen Träumereien und verstehen nicht die Not hinter den angeblichen Albereien Die Schüler leben,lieben,lachen und machen ihre altersbedingten Sachen. Sie sehen mich ,,träumen“, aber niemand weiß, was es wirklich heißt ; was es heißt in diesem ,,Traum“ zu sein, wo ich in diesem Raum, in diesem Bett liege und mich weinend in den Schlaf wiege, nachdem er da war, mir so nah war. Ich rieche den Gestank, als wäre ich wieder vor Ort. Ich rieche seinen Schweiß, als läge er auf mir. Ich rieche seine Gier, als stände er hier. Ich rieche den Dreck, den Schimmel auf den Lebensmitteln. Ich rieche alles, was in diesem Raum war, als er mir mit Gewalt die Unschuld nahm. Ich sehe das Theaterspiel auf den Schrank, als wäre ich wieder dort. Ich sehe den Baum, dessen Äste mal laut, mal leise gegen die Fenster schlagen. Ich sehe mich im Innern fragen, wann es aufhört. Wann mein Körper ihm nicht mehr gehört. Ich sehe die Schmutzwäsche auf dem Boden. Ich sehe seinen,meinen nackten Körper aufeinanderliegen. Ich sehe meine Lippen, meinen Körper zittern und wie wir schwiegen. Ich sehe, wie er mich anfasst, in mich eindrang und seine schwere Last, als er auf mir war, in mir war. Was ich all die Jahre sah, als er mir mit Gewalt die Unschuld nahm. Ich spüre die Schmerzen, die Pein, als er in mir war. Ich spüre, wie ich innerlich zerriss, als er in mich stieß. Ich spüre das Brennen, als ich abermals innerlich riss. Und ich spüre die Kälte, die an mir nagte und die Gänsehaut und das Zittern am ganzem Leib. Ich spüre alles, was damals in diesem Raum geschah, als er mir mit Gewalt die Unschuld nahm. Und ich fühle mich dem Tode so nah, als wäre er bereits vor Ort. Und keiner weiß, wie ich mich fühle und trotzdem sagt jeder: ,,ich kann dich verstehen!“ Ich säße gerne gänzlich auf einer dieser Stühle und hörte gerne mehr oder weniger zu. Ich würde gerne reden, in meiner Tasche wühlen, meine Aufgaben machen oder denken - ,,wozu?“ Albern sein, Späße machen, mich in Schwärmereien verlieren. Ich würde all das gerne machen, wäre ich dafür hier. Ich würde gerne leben, lieben,lachen, altersgemäße Sachen machen. Nicht dissoziieren und mich immerzu verlieren. Ich will ein lebenswertes Leben führen ohne diesen Drang zu sterben zu spüren... Und doch, es gibt kein Wort, dass jemals das alles beschreiben kann, was jemals das alles ändern kann... Einzig und allein die Hoffnung auf Besserung bleibt bestehen und lässt mich weiter durchs Elend gehen. Die Hoffnung zu genesen, zu leben, alles zu geben um eine Zukunft anzustreben. Und nicht aufzugeben, weil ich ihm die Macht gebe. Die Hoffnung irgendwann eine Familie zu haben, ohne das Kind wieder in mir zu verlieren. Kinder, die ich liebe, die sich geschwisterlich lieben. Die Hoffnung zu leben, ohne Kraftaufwand. Ohne vor allem Angst zu haben. Die Hoffnung Sex haben zu können und mir Liebe zu gönnen, ohne mich wie ein Objekt zu fühlen. Die Hoffnung auf eine Besserung meines derzeit beschissenen Lebens.
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Kommentare und Punkte zu diesem Gedicht
possum | 14.03.2019, 23:03:38 | ||
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