Gefühl gefangen zu sein... nichts ändern zu können

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Gefühl gefangen zu sein... nichts ändern zu können

Beitragvon Seppl » Do 14. Mai 2015, 19:43

Ich finde nicht die Zeit, um das zu machen, was mich bewegt, was mich aufblühen lässt. Immer sind unendlich viele andere im Weg, die mich von meinen Gedanken abbringen. Es erscheint nicht mehr wichtig zu sein, seinen eigenen Weg zu finden und zu beschreiten, es scheint nur noch das zu zählen, was in unserer Welt angesehen ist, nicht was man selber als wertvoll erachtet. Man nimmt sich nicht einmal Zeit dafür, seine Gedanken festzuhalten, sie zu Ende zu denken, konsequent zu sein. Schnell laufen wir wieder in vorgegebenen Bahnen und lassen uns ein Leben aufzwängen, das einem wenig bedeutet.
In jungen Jahren ist die Hoffnung auf eine baldige Änderung das Einzige was uns noch in diesem lustlosen Leben weitermachen lässt. Doch die Jahre schreiten dahin und letztendlich geht auch die Jugend langsam, die Jugend mit ihren Träumen. Die Träume und Ideen werden von einem Alltag dahingerafft, der uns diktiert, was wir mit unserer Zeit anzufangen haben. Die Hoffnung auf ein Ende dieses Lebensstils, die uns Anfangs dies alles durchstehen lies ist versiegt. Alles worauf man gehofft hatte, erscheint im Angesicht der Wirklichkeit, die uns nun eingeholt hat, seinen Anspruch auf Realwerdung zu verlieren. Man glaubt nicht mehr an die Freuden, die einem Hoffnung gaben, sein Leben eine Zeit lange auf diese Weise durchzustehen. Was einem einstmals Bewunderung einbrachte, ist nun nicht mehr von Wert, da man nun in der "wirklichen" Welt stehe.

Voller Tatendrang wurde dein junges Ich in die Welt hinauskatapultiert, wollte die Welt verändern. Doch die Wirklichkeit holte dich schnell ein. Ein jeder konnte dir sagen, wie fantastisch deine Träume sind, wie weit hergeholt deine Ziele und natürlich haben schon Unmengen den Weg, den du als deine Bestimmung ansiehst, vor dir beschritten. Ein jeder scheint es besser zu wissen als du selbst, da diejenigen ja auch viel mehr Erfahrung haben und auch bereits dieselben Wünsche wie du hatten. Du glaubst doch nicht allen Ernstes, du seist der kleine Windstoß der einen Wirbelsturm auslösen kann? Du kannst doch nicht ernsthaft glauben, du wärst auf dieser Welt einzigartig, etwas ganz Besonderes, das aus diesen über 7 Milliarden Menschen auf irgendeine Weise hervorstechen könnte?

Auch ich schreibe dies hier nicht, weil ich noch die Hoffnung habe, die vor wenigen Jahren meinem Leben eine Richtung gab. Nein, ich schreibe dies hier, da ich hoffe, dadurch diese Hoffnung erneut zu finden. Ich will nicht länger mein Leben in diesem Käfig verbringen.

Was mich nun dazu veranlasste dies hier zu schreiben, ist die Geschichte vom Bioladen in Graz, dessen Chefin sich weigert die Strafe für Benützung von vorschriftswidrigen Holzkochlöffeln zu zahlen. Nun scheint das Urteil rechtskräftig zu sein und auch das Expertenurteil, das Holzkochlöffel gegenüber ihren Verwandten aus Kunststoff in Sachen Hygiene nichts nachstehen würden, konnte daran nichts ändern. Das Vergehen der Behörden ist formal korrekt und kann somit nicht angefochten werden. Doch nicht die rechtliche Lage ist für uns Menschen maßgeblich, wäre die „Kunststofflöffelverordnung“ nachweislich eine sinnvolle, so würde sich mein Unmut in Grenzen halten. Wenn allerdings Unrecht zu Recht wird, so kann ich nicht länger mein bequemes Leben auf diese Art weiterführen.
Es ist nicht dieser Einzelfall, der mir Kopfzerbrechen bereitet, doch hat er mi eine Ohrfeige verpasst. Er hat mich daran erinnert, mit welchen Hoffnungen ich in diese Welt hinausgeschritten bin. Die Grundwerte der Gerechtigkeit und der Freiheit des Menschen wurden in der Kindheit eingebläut. Ebenso versuchen die Religionen ein gerechtes Miteinander zu verwirklichen, auch wenn sie heute von vielen als nachrangig betrachtet werden, so tragen sie doch maßgeblich zu unserem Verständnis der Welt bei.
Seid nett zueinander, verurteilt Menschen nicht auf Grund äußerer Lebensumstände und ihrer Armut. Schätze das Leben, so auch die Tiere und all die Natur, die uns umgibt und in der wir leben. Achte auch die Alten und Schwachen, die Kleinsten und Wehrlosen.

Wie kann es Gesetzte geben, die Kunststofflöffeln gegenüber Holz den Vorzug geben, ohne fundierte hygienische Hintergründe zu haben?
Ich will nicht länger zusehen wie wir blind unsere Gesetzte befolgen.
In unserer durch und durch regulierten Gesellschaft werden die Gedanken des Einzelnen zu einem Luxus, es ist nicht mehr notwendig sich eigene Gedanken über die Welt zu machen. Es ist nicht nur nicht notwendig, sondern sogar ein Hemmnis in unserer wirtschaftsbeherrschten Welt. Ein Unternehmer kann es sich nicht leisten, wenn er wettbewerbsfähig bleiben will, über die Gesetzte hinausgehend an die Umwelt zu denken. Wirtschaftlich ist es oftmals die Grenzen der Gesetzgebung, die Jahre der Entwicklung hinterherhinkt, auszuloten.
Solange ein Geschäftsmann den Gesetzesvorgaben getreu vorgeht, kann er auf juristischem Wege nicht belangt werden. Das eigene Gewissen liegt zum Glück schon tief vergraben, um nicht schlaflose Nächte auf Grund der Entscheidungen zu erleiden.

Wirtschaftsforscher hoffen auf einen baldigen Aufschwung aus unserer derzeitigen Wirtschaftskrise, eine Belebung des Konsums.
Und auf der anderen Seite steht unsere Natur, unsere natürlichen Ressourcen, unser Planet Erde.
Ich will keine Belebung des Konsums, der uns auch nicht unseren Lebenszielen näher bringt sondern uns nur mehr davon ablenkt, ich will keine Erhöhung der Produktion von Gütern und ich glaube auch nicht daran, dass es uns Menschen genau dann gut geht, wenn es der Wirtschaft gut geht.

Wir stehen hier heute, hoffend auf ein Wirtschaftswachstum, ein weiteres Wachstum auf unserem endlichen Planeten Erde und die Industrie produziert Artikel mit Ablaufdatum, um den weiteren Konsum zu sichern. Es ist einfacher die Kunden auf diese Weise an sich zu binden, als neue Konsumbereiche zu erschließen. Wobei auch neue Konsumbereiche kritikfähig sind, da der Bedarf des Konsumenten oftmals nur durch einen Marketingstrategie erzeugt wird. Mit unseren beschränkten Ressourcen auf unserem beschränkten Planeten kann man doch ein solches System nicht nachhaltig am Laufen halten!
Wie lange glauben unsere Fachmänner der Wirtschaft wird es auf diese Weise weitergehen?
Wie lange können wir noch unsere derzeitigen Lebensgewohnheiten unverändert lassen?

Wir leben in einer Demokratie, einer Volksherrschaft. Wir sind das Volk und wir haben jegliches Recht unser Leben so zu gestalten wie wir als Menschen dieser Gesellschaft es für richtig halten.
Wir leben nicht in einem Diktat der Wirtschaft!
Wirtschaft ist doch nur der Austausch von Waren und Dienstleistungen zwischen Menschen. Und Menschen, das sind wir alle. Und wir leben alle auf dieser Erde, die egal wie weit wir auch ins All hinausblicken noch immer einzigartig ist.

Ich will nicht zusehen müssen, wie Gesetze, die noch dürftigere Hintergründe als unsere nationalen Gesetze haben, von der EU beschlossen werden, die unserer nationalen Verordnungen beiseite fegen wie trockenes Laub.
Ich kann die Einebnung von Unterschieden zwischen Nationen nicht gutheißen. Wie können wir es wagen den Griechen Ziele für ihr Leben vorzuschreiben? Eine ganze Nation im Zuge der Wirtschaft zu unterjochen. Andere Länder sollen andere Bräuche und eine andere Kultur haben, sie sollen nicht für die Wirtschaft ihre Identität aufgeben. Die Wirtschaft ist nicht der Richter, der über die Daseinsberechtigung von Nationen mit anderem Lebensstil zu entscheiden hat.
Unsere leitenden Persönlichkeiten besudeln mit ihrer Verwendung des Wortes Einigkeit, Einheit, die Bedeutungen eben dieser Worte. Sie sagen sie wollen eine Union, um das Miteinander der Menschen verschiedenster Länder zu stärken, um Barrieren zwischen unterschiedlichen Völkern abzubauen. Aber was sie meinen ist einzig und allein die Entgrenzung unserer Wirtschaft, das wirtschaftliche Miteinander und nicht das menschliche. Sie meinen die Gleichheit aller Völker bestehe in der Gleichheit der Arbeitsfähigkeit, der Wirtschaftsleistung. Gemeint ist die Maximierung des Wirtschaftlichen Wachstums auf Kosten der Diversität.

Doch ich wünsche mir eine vielseitige Welt, eine Welt mit unterschiedlichsten Volksgruppen. Eine Welt, in der Volksgruppen, die keine wirtschaftliche Macht besitzen, nicht von unserem Wirtschaftssystem unter Druck gesetzt werden. Ich wünsche mir eine Einheit der Welt darin, alle Menschen als gleichwertig anzusehen, sie nicht über ihre Wirtschaftsleistung zu Kategorisieren.
Es gibt mehr als nur einen Weg, der einem Leben Erfüllung verspricht und es steht keinem Menschen zu, über den Lebensweg anderer zu bestimmen und auch keinem System die Lebenswege der Menschen zu einer Uniformität zwingen. Von Kindesbeinen wurde mir erklärt, dass sich nicht alles im Leben um Gewinn, um Reichtum, um den materiellen Erfolg im Leben dreht, dass es mehr gibt, das unserem Leben Erfüllung gibt.

Ich glaube daran, dass jeder Mensch vorrausschauend und gemeinschaftsorientiert denken kann. Ich glaube, dass Menschen, denen Freiheit gegeben wird, diese nicht zu ihrem Vorteil missbrauchen werden, wenn sie auch wissen welche Verantwortung sie damit tragen. In unserer Gesellschaft wird immer mehr Verantwortung an die Gesetzt abgetreten und wir verlernen eigene Verantwortung zu übernehmen. Ja wir haben gar keine Möglichkeit dazu unsere eigenen lebensbestimmenden Entscheidungen zu treffen, wir sind hineingezwängt in dieses System, ein System, das Individualität beschränkt und Individualisten zu Außenseitern und Aussteigern macht.
Ich glaube an die Menschen. Und würde ich nicht an uns glauben, so wäre jede Hoffnung verloren, jede Hoffnung auf Gerechtigkeit, auf ein Miteinander auf Augenhöhe.

Ich bin überzeugt davon, dass unsere ganze Gesellschaft davon profitieren wird, wenn ein jeder einzelner seine wirklichen Ziele verfolgt, wenn jeder Einzelne das macht was ihm Freude bereitet. Wenn jeder einzelne wieder für sein eigenes Leben die Verantwortung übernimmt....
Zuletzt geändert von Seppl am Mi 9. Sep 2015, 12:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gefühl gefangen zu sein... nichts ändern zu können

Beitragvon possum » Fr 15. Mai 2015, 00:40

Lieber Seppl,

du hast hier in deinen Zeilen wundervoll gesprochen,
schön, wenn sich Menschen all diese Gedanken über das Sein machen,
dafür bedanke ich mich herzlich bei dir!

Ganz liebe Grüße!
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Re: Gefühl gefangen zu sein... nichts ändern zu können

Beitragvon glashaus » Mo 27. Jul 2015, 18:49

neugierig auf weiteres von Dir, lese ich Deine Zeilen
und sie machen mich traurig,
weil ich weiß, wie recht Du hast,
aber Du träumst,
hast einen Weg, ein Ziel
und dadurch, dass Du es lebst
gibst Du anderen wieder Hoffnung,
denn sie sehen Dich,
es geht auch anders, werden sie sagen,
nichts ist umsonst!

und Du wirst feststellen
mit dem Schwarm zu schwimmen
ist vielleicht einfacher, sicherer,

aber kommt ein Treibnetz
wird es Dich nicht so leicht bekommen

alles Liebe
nichts wissen wir voneinander, darum lass uns gut miteinander umgehen, das wird Dich bereichern und mich und wir werden voneinader lernen können, anstatt uns zu bekriegen.
und das wünsche ich mir - Frieden,
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Re: Gefühl gefangen zu sein... nichts ändern zu können

Beitragvon monti » Sa 15. Aug 2015, 03:18

Gerne und gründlich bin ich den Ausführungen gefolgt. Es ist gut, wenn mal so ehrlich und liebevoll beschrieben wird, wo der sog. freie Wille des Menschen gegeben ist und hinführt.
Aloha euch
Zuletzt geändert von monti am Sa 15. Aug 2015, 18:06, insgesamt 1-mal geändert.
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